Zwei Katzen und ein Tisch voller Akten

KYLLBURG. Als Kandidat ist er ein Exot. Nicht weniger "exotisch" gestaltet sich ein Besuch bei Helmut Heinz, über dessen Bewerbung um das Bürgermeisteramt seit Wochen Gelehrte und weniger Gelehrte debattieren.

Wer das Haus in der Kyllburger Mühlengasse betritt, muss sich auf einiges gefasst machen. Vor allem darauf, von einer Flut von Eindrücken überschwemmt zu werden. Kein Zimmer in dem von außen klein wirkenden aber tatsächlich großen Haus, das nicht mit Bildern aller Art verziert wäre: Filmplakate, Pin-Ups, religiöse Darstellungen - und immer wieder Familienfotos. Obwohl Helmut Heinz, wie er immer wieder zu verstehen gibt, ein zwiespältiges Verhältnis zu seinen Brüdern hat, finden sich zahlreiche Bilder an den Wänden, die seine Geschwister, Neffen und Nichten zeigen. Auch Eltern und Großeltern finden Platz an den Wänden seines Domizils. Spitzname "Nieles" vom Großvater

Von seinem Großvater hat Heinz seinen Spitznamen, unter dem er landläufig bekannt ist: Nieles. "Mein Großvater hieß Cornelius", erklärt er. Im "Musikzimmer" im Erdgeschoss, in dem neben einem elektronischen Klavier auch Bongos und ein Schifferklavier stehen, erzählt Heinz aus seinem Leben, während er sich ein paar Schnäpse, spanischen Rotwein und Bier genehmigt. Bis zu seiner Pensionierung mit 35 Jahren war Heinz im Justizdienst tätig, zunächst in der JVA Wittlich, dann in Zweibrücken. Er hat Abitur, und an der Wand seines Musikzimmers dokumentieren weitere Urkunden unter anderem seinen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirt. Auch eine Urkunde, die seine Mitgliedschaft in der SPD würdige, habe er, sagt Heinz, kann sie aber auf Anhieb nicht finden. Ohnehin müßig, denn wie der SPD-Kreisvorsitzende Hubert Weis inzwischen mitgeteilt hat, ist Heinz nicht mehr Mitglied bei den Sozialdemokraten. Eine Information, die Heinz verkraften wird, denn er hat schon anderes überlebt. Etliche Geschichten weiß er zu erzählen, zum Beispiel die, als er zum ersten Mal unter Betreuung gestellt wurde. Für ihn stecken Intrigen dahinter. Mit einem politischen Konzept tritt Heinz nicht zur Wahl an. Vielmehr sei seine Kandidatur zunächst ein Spaß gewesen. Dass ihm daraufhin etliche Kyllburger ihre Unterstützung zusagt hätten, bestärkte ihn jedoch, Ernst zu machen. Auf seine Betreuung ist er hingegen nicht so gut zu sprechen, und freut sich um so mehr, als ihm während des Gesprächs ein Brief mit einem Verrechnungsscheck in die Hände fällt. Auf der späteren Fahrt zurück zum Krankenhaus nach Bitburg, wo er zurzeit behandelt wird, wird er noch sagen, dass er sich schämt, dass er in den Kneipen ständig "Deckel" machen muss, weil er nicht an sein Geld kommt. Einen regelrechten Lachanfall bekommt er, als er die Briefe vom Gericht öffnet. Da gehts unter anderem um die Sache mit der Titulierung als "Oberarschloch". Bürgermeister Bernd Spindler hatte Heinz deswegen angezeigt. Egal, das kommt zu den restlichen Akten, die er auf einem großen Esstisch im Obergeschoss verwahrt. Wichtiger ist ihm jetzt, dass seine beiden Katzen "Quietschi" und "Möpschen" was zu essen bekommen, denn er muss bald seine Tasche packen, weil es zurück ins Krankenhaus nach Bitburg geht. Zuvor zeigt er aber noch seine "Bahncard First" vor. "Damit endlich mal mit dem Vorurteil aufgeräumt wird, ich würde immer nur ,schwarz‘ fahren." .-pf/het

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