Bau Neues Wohnprojekt statt maroder Häuser

Mandern · Die Manderner wollen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Im Ortskern sollen verfallene Häuser verschwinden und stattdessen Wohnungen für ältere Menschen entstehen.

 Auch in der Brunnenstraße stehen einige halb verfallene Häuser, die für das geplante Seniorenprojekt weichen sollen.

Auch in der Brunnenstraße stehen einige halb verfallene Häuser, die für das geplante Seniorenprojekt weichen sollen.

Foto: Christa Weber (cweb) ("TV-Upload Weber"

Mandern Um Mitternacht kam die erste Anfrage, berichtet der Manderner Ortsbürgermeister Tim Kohley. Ein Herr aus Waldweiler habe sich per E-Mail gemeldet und angekündigt, dass er eine Wohnung in dem geplanten Seniorenprojekt im Nachbarort kaufen würde. Erst wenige Stunden zuvor war die aktuelle Ausgabe des Amtsblatts im Internet freigeschaltet worden. Dort hatte Kohley eine Anzeige veröffentlicht, um herauszufinden, wie groß das Interesse an dem Projekt tatsächlich ist. Der Bedarf Die Pläne gibt es seit 2014, wie der Ortschef vergangene Woche im Gemeinderat erläuterte. Damals habe eine Unternehmensberatung im Dorf abgefragt, ob es Bedarf für ein Pflegeheim oder ein Angebot für betreutes Wohnen gebe. "Das Ergebnis war positiv. Aber seitdem haben sich die Parameter verändert." Betreutes Wohnen werde heutzutage anders gestaltet. Aktuell sieht Kohley den Bedarf vor allem für Menschen, die zwar nicht mehr fit genug sind, um allein und ohne Hilfestellung in ihrem Haus zu leben, die aber auch noch nicht in ein Pflegeheim gehören. "Denen wollen wir hier in ihrem Heimatort ein Angebot machen." Die Idee Dazu hat die Ortsgemeinde schon die ehemalige Gaststätte Endres an der Hauptstraße gekauft. Im nächsten Jahr will sie das Nachbarhaus und vier weitere leerstehende Anwesen in der gegenüberliegenden Brunnenstraße erwerben. 400 000 Euro sind dafür im Haushalt für 2018 eingeplant "Einige Häuser sind schon ziemlich heruntergekommen. Das sieht einfach nicht gut aus mitten im Ort", sagt Kohley. Die maroden Gebäude sollen Platz machen für einen Neubau mit bis zu 60 Wohnungen. Dafür steht die Gemeinde in Kontakt zu einem privaten Investor. Dieser plant laut Ortschef verschieden große Wohneinheiten, für Alleinstehende, aber auch für Paare. Sie sollen barrierefrei und altersgerecht ausgestattet und trotzdem individuell gestaltbar sein. Ziel seien zudem "bezahlbare" Kauf- und Mietpreise, sagt Kohley. Ein Notrufsystem werde in jede Wohnung eingebaut. Die Bewohner könnten dort eigenständig leben, bei Bedarf aber Serviceleistungen dazubuchen: Putzhilfe, Essenslieferung, Pflegekraft - dauerhaft oder nur zeitweise. "So bleiben die Leute mitten im Dorf, sie nehmen am sozialen Leben teil. Und unter den anderen Hausbewohnern wird sicher der ein oder andere Bekannte sein." Das Projekt sei zwar in erster Linie für die Manderner gedacht, stoße aber sicher außerhalb auf Interesse, sagt Kohley. Die Bedingungen Bei einem Neubau mitten im Ortskern komme ein "Hochhaus oder Betonklotz" nicht infrage, betont der Ortschef: "Das Gebäude wird für Generationen ortsprägend sein." Es müsse etwas sein, dass sich harmonisch einfüge. Außerdem lege die Gemeinde Wert darauf, mit einem "seriösen Anbieter" aus der Pflegebranche zusammenzuarbeiten. Die zwei "renommiertesten Anbieter in der Region" hätten Interesse bekundet. Die Vorbereitungen Ein "Knackpunkt" ist laut Kohley die Finanzierung. Es sei nicht üblich, dass ein Investor alles in Eigenregie mache. Deshalb müsse die Gemeinde Besitzerin der benötigten Grundstücke werden. Man wolle die Gemeinde auch über den Besitz einiger Wohnungen beteiligen, die sie dann später vermieten könne. "So behalten wir den Fuß in der Tür und können mitsteuern, was passiert." Der Investor habe bereits Projekte in ähnlich großen Orten umgesetzt. Er sei für Mandern zuversichtlich, habe aber zu der Interessensabfrage geraten. "Es ist unverbindlich, daraus leitet sich keine Pflicht zum Kauf ab", betont Kohley. Denn zu Preis und Zeitpunkt könne man noch nichts sagen. 30 positive Rückmeldungen seien aber schon nötig, um weiterzukommen. Die Unterstützer Martin Alten, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kell, unterstützt das Projekt. Er weiß, dass andere Gemeinden in der VG ähnliche Ansätze verfolgen. "Die Leute sind heute viel eher bereit, im Alter ihre Häuser zu verkaufen." Laut Kohley gab es schon positive Rückmeldungen vom Landkreis, der bei Planung oder einer möglichen Förderung helfen wolle. Der Landrat sei begeistert, weil das Projekt ein zweites wichtiges Thema einbeziehe: die Ortskernsanierung. Deshalb lautete ein Rat der Kreisverwaltung, in dem betroffenen Bereich gleich ein Sanierungsgebiet auszuweisen. Damit würden dort für alle Bauherren steuerliche Vorteile winken, die marode Häuser wieder vorzeigbar machen. Ein solches Gebiet will der Rat nun in Angriff nehmen. KommentarMeinung

Gute Idee, richtiges VorgehenNoch ist nicht klar, ob es mit dem Manderner Seniorenprojekt tatsächlich etwas wird. Der Ansatz klingt aber vielversprechend, die Vorgehensweise der Ortsgemeinde außerdem sehr vernünftig. Sie will ihren eigenen Bürgern die Möglichkeit geben, im Alter in ihrem Heimatdorf bleiben zu können - wenn das eigene Haus zu groß und zu teuer geworden ist. Die Gemeinde plant aber nicht einfach wild drauf los, sondern fragt zunächst einmal ab, wie groß denn der Bedarf tatsächlich ist. Stößt das Projekt auf Resonanz, und wird umgesetzt, dann verschwinden in einem Aufwasch auch gleich einige unschöne Ecken im Ortskern, für die man sonst nur schwer Interessenten finden würde. Kein Wunder, dass eine Ortskernsanierung in dieser Art bei Kreis und Verbandsgemeinde auf offene Ohren stößt. c.weber@volksfreund.de

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