Frau mit roten, schwarzen und grünen Ansätzen

HINZERT-PÖLERT. Eine Frau als Ortsbürgermeisterin - das ist im Kreis Trier-Saarburg immer noch ein seltenes Bild. Mathilde Müller ist eine der beiden einzigen weiblichen Orts-Chefs im Kreis. Ob das so bleibt, darüber entscheidet die bevorstehende Kommunalwahl.

Ein Mann in Arbeitskittel und Gummistiefel läuft auf den Wagen zu und winkt. Die Fahrerin hält an, ruft einen Gruß aus dem Autofenster und sagt: "Ich bring's dir morgen rüber, jetzt muss ich schnell nach Hermeskeil. Die Verbandsgemeinderatssitzung ruft."Gemeinde bildet die Ausnahme

Die Frau im rot-schwarzen Windblouson ist Mathilde Müller, die Ortsbürgermeisterin von Hinzert-Pölert, der 300-Seelen-Gemeinde am Rande des Osburger Hochwalds. Nur zwei weibliche Bürgermeister gibt es in den 103 Gemeinden im Landkreis Trier-Saarburg. Neben Hermeskeil, wo Ilona König Stadtbürgermeisterin ist, bildet Hinzert-Pölert damit die große Ausnahme. Auch in den Gemeinderäten ist nur jedes achte Mitglied weiblich. Im Vergleich zu rund 30 Prozent Frauenanteil im Bundes- und im Landesparlament ist auf der kommunalpolitischen Ebene die aktive Beteiligung von Frauen also nur spärlich ausgeprägt. Als kurz vor der letzten Kommunalwahl überraschend der Ortsbürgermeister von Hinzert-Pölert mit nur 51 Jahren starb, war die Gemeinde nicht nur voller Trauer, sondern auch ratlos, wer die Geschicke der Gemeinde in Zukunft leiten solle. Auch Mathilde Müller, die 45-jährige Nachrichtentechnikerin, fühlte sich verpflichtet, den Gemeinderatsmitgliedern ihre Unterstützung zu offerieren. Sie bot an, "auch was zu helfen". Dass dort prompt jemand vorschlug, sie solle für die Wahl kandidieren, damit hatte sie nicht gerechnet. Eigentlich wollte sie in Hinzert-Pölert nur in Ruhe die Scheune ihres Elternhauses zum Wohnhaus umbauen, erzählt Müller und streicht sich eine Strähne des halblangen tiefbraunen Haars aus der Stirn. Sie gewann bei der Wahl das Rennen gegen den männlichen Gegenkandidaten. "Man hat mir dieses Amt wohl einfach zugetraut. Und man wusste: Die ist ein bisschen verrückt", analysiert Müller. Mit "verrückt" meinen die Leute in Hinzert-Pölert, dass Mathilde Müller Segelfliegen über alles liebt. Sie ist Fluglehrerin und engagiert sich im Vorstand ihres Luftsportvereins. "Weil ich so eigenwillig bin, war ich vor der Wahl als Person bei allen bekannt", sagt Müller und blickt entschlossen. Aufgewachsen ist die Frau mit der tiefen Stimme und dem markanten Kinn mit den Ziegen und Hühnern des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebs in Hinzert-Pölert. Die Lehre als Hauswirtschaftsgehilfin erwies sich für die junge Frau schnell als wenig zukunftsträchtig. Sie machte ihre mittlere Reife und das Fachabitur nach. Es zog sie hin zum Fortschritt: der Elektrotechnik.Sie gehört keiner Partei an

An der Fachhochschule Trier begann sie 1975 das Studium und spezialisierte sich auf Nachrichtentechnik. Frauen waren im Studiengang in der Minderheit. Als "weiblicher Ingenieur" fand sie nach dem Studium ihren ersten Job bei einem Kommunikationsunternehmen in Trier, bei dem sie heute in der Qualitätssicherung arbeitet. Der Mutter wegen, die ihre Hilfe und Pflege benötigte, zog sie 1994 zurück nach Hinzert-Pölert. Inzwischen wohnt sie allein. Einer Partei gehört die Ortsbürgermeisterin nicht an. "Ich habe rote, schwarze und grüne Ansätze", beschreibt sie ihre Politik. Steine in den Weg gelegt habe der frisch gekürten Bürgermeisterin nie jemand. In den viereinhalb Jahren als Ortsbürgermeisterin hat sie gelernt, Prioritäten zu setzen. "Wenn man viel wegen eines Amtes beschäftigt ist, dann putzt man nicht mehr alle 14 Tage die Fenster", sagt Müller scherzhaft. Denn dann muss sie oft schnell zur Verbandsgemeinderatssitzung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort