Mit Hanas Koffer wandert eine unauslöschliche Erinnerung um die Welt

Hinzert-Pölert · Etwa 100 Menschen haben zum Internationalen Holocaust-Gedenktag die Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert besucht. Eine Lesung und ein Theaterstück erinnern an Menschen, die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns geworden sind.

 Erinnerung an Hana: Ricarda Ahmetovic und Georg Mertes stellen in der Gedenkstätte Hinzert das Mitmach-Projekt „Hanas Koffer“ vor. Links ein nach einem Foto von Hana und ihrem Bruder gemaltes Bild. TV-Foto: Ursula Schmieder

Erinnerung an Hana: Ricarda Ahmetovic und Georg Mertes stellen in der Gedenkstätte Hinzert das Mitmach-Projekt „Hanas Koffer“ vor. Links ein nach einem Foto von Hana und ihrem Bruder gemaltes Bild. TV-Foto: Ursula Schmieder

Bewegt lauschen die Zuhörer der bedrückenden Geschichte, die Ricarda Ahmetovic und Georg Mertes vom Förderverein der Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert vorlesen. Sie erinnert an die jüdischen Geschwister George und Hana, die in Deutschland zu Opfern des Nationalsozialismus wurden. Hana wurde als 13-Jährige im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Geblieben von ihr sind Bilder, die sie im KZ malte, und ihr Koffer, der ein bemerkenswertes Mitmach-Projekt anstieß (siehe Extra).

Die Erinnerung an die Opfer des Nazi-Terrors führen am Tag der Befreiung des KZ Auschwitz auch in der Gedenkstätte Hinzert Menschen aus der ganzen Großregion zusammen. Darunter Ulla Meyer aus Trier, die oft Gedenkveranstaltungen besucht, "damit all das nicht vergessen wird". Ludmilla Kyslakovska schaute sich als Vertreterin der Jüdischen Kultusgemeinde Trier bedrückt in der Gedenkstätte um. Die Schicksale der Menschen, die dort litten, gingen ihr zu Herzen.

Achim Hettinger geht es ähnlich. Der Ort rücke auch wieder mehr ins Bewusstsein, wie stark noch vor wenigen Jahren der Widerstand gegen Erinnerungsarbeit wie in Hinzert gewesen sei. Allzu sehr werde verdrängt, "wie stark die Tendenz war, das totzuschweigen - und wie stark die Verstrickungen der Menschen waren". Yannick Gnipepoo, Trierer Student aus Kamerun, will sich ein Bild machen, "wie" in Deutschland erinnert wird: "Erinnerungsarbeit ist wie ein kulturelles Gedächtnis", sagt er - und macht klar, dass er Gedenkarbeit für unverzichtbar hält.

Einen Rundgang zu "Stolpersteinen", die in Trier an Nazi-Opfer erinnern, startet die AG Frieden heute um 16 Uhr am Friedens- & Umwelt-Zentrum (FUZ), Pfützenstraße 1. Um 18 Uhr folgt Protest gegen die NPD am Rathaus "Für ein buntes Trier - gegen faschistische Propaganda".Extra

Im KZ Hinzert sind zwischen 1939 und 1945 nachweislich mindestens 321 Menschen ums Leben gekommen. Tatsächlich waren es aber wohl weit mehr Menschen aus Luxemburg, Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Polen, die dort ermordet wurden oder an den Folgen von Lagerterror, Krankheit, Entkräftung oder Hunger starben. An die Opfer erinnern ein Ehrenfriedhof, eine Kapelle, ein Kreuz, ein Mahnmal und das 2005 eröffnete Dokumentations- und Begegnungshaus. ursExtra

Hana Brady wurde 1931, ihr Bruder George 1928 geboren. Sie waren Kinder jüdischer Ladenbesitzer, die 1941 von den Nazis verhaftet wurden. Ein katholischer Onkel nahm die Kinder auf, konnte aber nicht verhindern, dass auch sie 1942 deportiert wurden. Hana wurde am 23. Oktober 1944 in den Gaskammern von Auschwitz-Birkenau ermordet. Jahrzehnte später rekonstruierten japanische Schüler mit Hilfe des aus Auschwitz erhaltenen Koffers mit der Aufschrift "Hana Brady - Waisenkind" ihre Lebensgeschichte und machten ihren heute in Kanada lebenden Bruder ausfindig. Karen Levine bewog das zu ihrem 2002 veröffentlichen Buch "Hanas Koffer", das wiederum Arndt Stroscher zu einem Mitmach-Projekt anregte. Beworben über Facebook und den Blog AstroLibrium wandert seither ein an Hana erinnernder Koffer durch die Republik. Wer ihn bestellt, kann Dinge oder auch Gedanken in Schriftform hinzufügen. Nächste Station des Koffers ist Lehnstedt bei Jena. urs

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