Saarburger „Schwindel-Arzt" ist nur durch Zufall aufgeflogen

Saarburg · Das St.-Franziskus-Krankenhaus hat diese Woche mitgeteilt, dass es vor einem halben Jahr einen Narkosearzt entlassen hat, dem zuvor seine Approbation entzogen worden war. Der Arzt verlor seine Zulassung wegen sexueller Belästigung. Erfahren hat dies die Geschäftsführung des Kreiskrankenhauses durch eine Mitteilung des saarländischen Landesamtes für Soziales.

"Die Vorstellung, von einem Arzt behandelt zu werden, der keine Zulassung mehr hat, ist furchtbar schrecklich", sagt Maria Dörr. Der Patientenfürsprecherin des Saarburger Kreiskrankenhauses ist anzuhören, wie geschockt sie immer noch ist, dass am St.-Franziskus-Krankenhaus ein Anästhesist gearbeitet hat, dem die Approbation entzogen war.

Von der Geschäftsleitung der Klinik sei sie auch nicht darüber informiert worden, dass dort für eine Weile ein Mediziner ohne ärztliche Zulassung gearbeitet habe. Erst am Dienstag ist die Presse von der Kreisverwaltung Trier-Saarburg informiert worden, dass bis vor einem halben Jahr ein Narkosearzt in dem Krankenhaus gearbeitet hat, dessen ärztliche Zulassung vom saarländischen Landesamt für Soziales (LfS) widerrufen worden war.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hatte im Mai den Widerruf der ärztlichen Approbation bestätigt. Der Grund dafür war, dass der Anästhesist in der Praxis eines Kollegen eine Arzthelferin sexuell genötigt hatte - wofür er im Oktober 2010 vom Amtsgericht Saarlouis rechtskräftig verurteilt worden war (der TV berichtete).

Seine Arbeit am Saarburger Kreiskrankenhaus hatte der Mediziner am 1. Januar 2012 aufgenommen. "Bei Einstellung eines Arztes sind alle für die vorgesehene Tätigkeit relevanten Unterlagen vor Abschluss des Arbeitsvertrages vorzulegen. Dies sind insbesondere die Approbationsurkunde, gegebenenfalls der Nachweis einer Facharztanerkennung sowie der Lebenslauf", sagt Holger Brandt, Geschäftsführer des St.-Franziskus-Krankenhauses. Diese Unterlagen hätten ihm auch vorgelegen, ergänzt Brandt.

Der Pressesprecher des Kreises Trier-Saarburg, Thomas Müller, sagt: "Eines der Probleme ist, dass in der Regel die Ärztekammern nur über die Erteilung einer Approbation informiert werden, aber nicht über deren Widerruf. Im Bundeszentralregister wird der Entzug der ärztlichen Zulassung zwar eingetragen, aber wegen des geltenden Tarifrechts können wir die Vorlage eines Führungszeugnisses nicht mehr verlangen. Der Arzt hätte uns über das gegen ihn verhängte Verbot, als Anästhesist zu arbeiten, informieren müssen." Da sich der Mediziner nie bei der saarländischen Ärztekammer ab- und bei der rheinland-pfälzischen angemeldet habe, konnte der Entzug der Approbation nur auffliegen, weil das LfS das Krankenhaus entsprechend informiert habe.

Die Frage, seit wann der Arzt nicht mehr praktizieren durfte, ist - trotz wiederholter Nachfrage - bisher vom saarländischen Sozialministerium nicht beantwortet worden. Dessen Pressesprecherin, Annette Reichmann, sagt, dass das LfS erst am 15. Juli vergangenen Jahres vom Anwalt des Arztes erfahren habe, dass der Mediziner am Saarburger Krankenhaus arbeiten würde. "Aufgrund dieser Information hat das LfS dann unverzüglich das Krankenhaus darüber informiert, dass der Arzt den ärztlichen Beruf nicht mehr ausüben darf, sowohl um Schaden von dem Krankenhaus, den Patienten und letztlich auch dem Arzt selber abzuwenden."Meinung

Glücksspiel mit der Gesundheit Manchmal kann man nur staunen: Wir leben in einem Staat, in dem minutiös geregelt ist, wie ein Glücksspiel kontrolliert wird. Aber es gibt keinen automatischen Datenabgleich, ob ein Krankenhausarzt seinen Beruf ausüben darf oder ob ihm seine Approbation entzogen wurde.
Der Arzt, der ohne die Zulassung am Saarburger Krankenhaus gearbeitet hat, hat dieses Informationsdefizit zwischen zwei Bundesländern geschickt für sich ausgenutzt. Hätte sich sein Anwalt gegenüber dem Landesamt für Soziales nicht verplappert, würde dieser Mediziner womöglich noch dort praktizieren.
Um solche Fälle zu verhindern, ist es dringend nötig, dass so wichtige Informationen zwischen den Ländern ausgetauscht und den Krankenhäusern zugänglich gemacht werden. Bislang hängt es nämlich vom Zufall ab, ob eine Klinik erfährt, ob ein Mediziner praktizieren darf oder nicht. Das gleicht einem Glücksspiel - mit der Gesundheit der Patienten.
Alexander Schumitz

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