Einfache Melodien und wenige Akkorde für starke Botschaften

Trier · Vor fast 400 Besuchern und einigen Familienangehörigen und Verwandten gab Funny van Dannen am vergangenen Samstag einen großen Überblick über sein vielfältiges Schaffen. Zweieinhalb Stunden lang ließ der Berliner Barde sein Publikum schmunzeln.

Trier. Funny van Dannen gilt als kauzig. Bei seinem Auftritt in der Tufa merkt man wenig davon. Er ist gut gelaunt und höflich. Ungewöhnlich ist vielleicht, dass der gitarrespielende, satirische Liedermacher während seines zweieinhalbstündigen Konzertes steht.
Noch ungewöhnlicher ist allerdings, dass auch die Zuschauer stehen müssen, obwohl seine Stücke nicht gerade zu überschwänglichem Tanzen verleiten. Die Antwort weiß der in Van-Dannen-Fragen gut informierte Veranstalter, da er mit seiner zu Recht sehr erfolgreichen Punkband denselben Booker hat wie der gebürtige Niederländer: Der Musiker möchte nicht, dass sein Publikum sitzt. Ebenso soll er stets ablehnen, Open-Air-Konzerte zu spielen.
Naja, es gibt ausgefallenere Eigenarten von Künstlern. So soll Glenn Gould seine Hände regelmäßig 20 Minuten in brühendem Wasser gebadet, Joan Miró während seiner Schaffensphasen ein tägliches Sportprogramm mit Boxen, Seilspringen oder "Schwedischer Gymnastik" absolviert und Kafka täglich nackt bei offenem Fenster geturnt haben.
Funny van Dannen hat zwar noch nicht den Bekanntheitsgrad der genannten Persönlichkeiten erreicht, aber immerhin arbeitet der 57-Jährige sowohl als Musiker als auch als Maler und Schriftsteller. Und die Fangemeinde wächst. Zum Auftritt in die Tufa sind fast 400 Besucher gekommen, 100 mehr als bei seinem ersten Konzert in Trier 2011. Allerdings gehören diesmal auch neun Familienmitglieder und Verwandte zum Publikum. Van Dannens Schwester ist mit Nichten und Cousinen angereist.
Fußball und Homosexualität


Insgesamt ist die Stimmung familiär. "Wie hat denn Köln gespielt?", will der FC-Fan als Erstes wissen. Dazu passend gibt es den neuen Song "Fußball 2", in dem er die Attraktivität von Fußball mit latenter Homosexualität erklärt.
Van Dannen schätzt einfache Melodien. Seine Stücke kommen mit wenig Akkorden aus. Inhaltlich könnten manche aus der Feder von Mike Krüger ("Der Wal") stammen, andere wiederum von Rio Reiser ("Integrieren"). Das Spektrum reicht von Nonsens ("Bärtiger Delfin") über Systemkritik ("Kapitalismus") bis zu ergreifenden Balladen ("Rod Weiler") und Chansons - und nicht nur, weil er sich immer wieder mit "Merci" bedankt. Auch gelungene Mischformen wie in "Homebanking" gibt es: "Er hat ihr so weh getan / er hat sie so verletzt / denn er sagte ,Homebanking\', als sie ihn fragte / ,Woran denkst du jetzt?\' / Er sagte ,Homebanking\', / und sie wollte schrei\'n / aber es ging nicht / sie lag nur da und er schlief ein".
Diese thematische Vielfalt beschert dem Wahlberliner ein breites Publikum - vom Punk bis zum Alt-68er wird van Dannen verehrt. Obwohl seine Stücke nicht auf Dudelsendern laufen und er hunderte Songs geschrieben hat - sehr erfolgreich auch für die Toten Hosen ("Bayern") -, sind die Zuschauer in der Tufa textsicher.
Bei "Klassikern" wie "Eurythmieschuhe" singen so viele Zuschauer mit, dass es den Musiker ziemlich beeindruckt. "Ihr seid ein toller Chor. Wir sollten mal zusammen eine Platte aufnehmen."
Das ist gar nicht so abwegig, da seine Alben, die seit 1995 erscheinen, meist live und nicht im Studio entstehen. Nicht nur weil das Konzert 150 Minuten dauert, sondern auch, weil viele Stücke sehr kurz sind, bekommen die Besucher viel geboten. Erst nach über drei Dutzend Songs zieht Funny von dannen. chj

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort