Mosel Musikfestival: Tobias Scharfenberger hat gute Chancen, Nachfolger von Hermann Lewen zu werden

Trier · Erste Vertragsverhandlungen liefen gut. Und so sieht derzeit alles danach aus, als könnte Hermann Lewen (63), langjähriger Intendant des Mosel Musikfestivals, bald seinen Nachfolger präsentieren: Tobias Scharfenberger. Ab 2017 soll der stellvertretende Trierer Theaterchef die Geschäftsführung übernehmen.

Trier. Kein Grund für ein Klagelied. Nein, krank ist er nicht. "Ich fühle mich gesundheitlich wohl, psychisch auch, und das Festival steht so gut da wie noch nie", sagt Hermann Lewen, Intendant des Mosel Musikfestivals. Ein bisschen müde sei er. Das schon. Vor allem aber will er selbst entscheiden, wann er aufhört, Intendant jenes jährlichen Klassik-Spektakels zu sein, das er 1985 selbst ins Leben rief. Und dieser Moment rückt immer näher.

Nach vierundsechzigeinhalb Lebensjahren, 1500 Konzerten, 30 Festivalprogrammen und 48 Arbeitsjahren soll es Anfang 2017 so weit sein. Dann will sich der am längsten amtierende Festivalintendant Deutschlands zurückziehen - zumindest so ein bisschen.

Nun zeichnet sich ab, wer die Nachfolge antritt: Tobias Scharfenberger (geboren 1964), der erst 2015 an die Mosel zurückgekehrt war, um das Trierer Theater an der Seite von Karl Sibelius zu erneuern. Das muss der Österreicher künftig wohl ohne seinen Stellvertreter und langjährigen Freund tun.

Denn am Dienstag hat es erste Vertragsverhandlungen mit Thomas Egger, Aufsichtsratschef der gemeinnützigen Festival mbH, gegeben und "das Gespräch war sehr gut", sagen Egger, Lewen und Scharfenberger unisono. Zwar werden alle noch einmal darüber schlafen. Doch raschelt es zwischen den zurückhaltenden Worten wie trockene Blätter. Jedenfalls wünscht sich Egger schnellstmöglich einen Beschluss der Gesellschafter.

"Wir sind im Büro gesessen und haben beide geheult", sagt Sibelius. Scharfenberger war der Erste, den er gefragt hatte, ob er mit nach Trier kommt. Dennoch betont der Theaterchef: "Ich freue mich wahnsinnig für ihn." Er werde ein super Intendant. Und da das Theater ab 2016 mit dem Musikfestival kooperiert, würden die beiden ja auch weiter zusammenarbeiten.

"Ich bin überglücklich mit der Situation", sagt Hermann Lewen. Man gebe sein Lebenswerk - und das ist das Mosel Musikfestival für den Altricher - ja nicht gerne an irgendwen ab. Scharfenberger ist sein Wunschkandidat. Nicht nur, weil Lewen ihn lange kennt und schätzt, sondern "weil er mit seiner Vita die geniale Besetzung ist", sagt Lewen. Denn Scharfenberger ist zwar bei München geboren, doch wuchs er in Trier auf und lernte dort bei Manfred May und Vera Ilieva das Singen. Das heißt: Er kennt die Region. In den vergangenen Jahren war er - oft in großen Rollen - als Bariton in deutschen Opernhäusern zu hören. Auch seine Frau ist Sängerin. Das heißt: Er kennt die Szene. Als Solist trat er selbst mehrfach an der Mosel auf - er kennt also auch das Festival. Und da er in Zürich Kulturmanagement studiert hat, traut Lewen ihm auch zu, das Geschäftliche zu regeln.Kein kompletter Rückzug

Stimmen die Gesellschafter zu, dann könnte Scharfenberger zur Einarbeitung bereits am 1. Juli einsteigen und 2017 die Geschäftsführung übernehmen. Sein erstes eigenes Programm wird er allerdings frühestens für 2018 präsentieren. Denn jenes für 2017 ist bereits in Arbeit. Hermann Lewen will es im Dezember 2016 noch selbst vorstellen. Aus der heimischen Musikszene zieht er sich deswegen noch lange nicht zurück. Lewen gründet eine eigene Agentur. Er habe noch "Tausende Ideen". Auch Scharfenberger will er 2018 als künstlerischer Berater zur Seite stehen.

Vorher aber feiert in Lewens Abschiedsjahr die erste Kooperation mit dem Theater Premiere: Nero Hero an der Porta Nigra. Nur eines von 67 höchst unterschiedlichen Musikerlebnissen, die das Festival 2016 bietet (der TV berichtete am 5. Dezember).

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