Ein Meister seines Fachs

Die Kalligraphie ist neben der Malerei und Bildhauerei eine der ältesten Kunstformen. Norman Hothum aus Stegen bei Freiburg beherrscht diese Kunst. Als Illustrator des Yolanda-Romans von Waltraud Riehm ist Hothum wieder in der Eifelregion im Gespräch. In der Abtei Himmerod zeigt er sein Können in der mittelalterlichen Kunst des schönen Schreibens und der Illustration.

 Norman Hothum, Kalligraph und Buchillustrator am Stehpult. In mittelalterlicher Schrift schreibt er im Skriptorium der Abtei Himmerod 150 Psalme auf Latein. TV-Foto: Werner Klein

Norman Hothum, Kalligraph und Buchillustrator am Stehpult. In mittelalterlicher Schrift schreibt er im Skriptorium der Abtei Himmerod 150 Psalme auf Latein. TV-Foto: Werner Klein

Großlittgen. Auf seinen normannischen Namen angesprochen, muss Norman Hothum erklären: "Nein, es ist nicht mein Künstlername, ich heiße wirklich so." Seine Vorfahren stammen wohl aus dem höheren Norden, geboren ist er im Rheinland. Früh entwickelt der kleine Norman ein stark ausgeprägtes Interesse am Leben der Ritter und deren Burgen. Ausflüge mit seinen Eltern müssen immer den Besuch einer Burg beinhalten. Ist Norman einmal im alten Gemäuer, können ihn weder die Eltern noch ein Burggespenst zur Heimreise bewegen. Ist Norman krank, liest die Mutter ihm Sagen des Mittelalters vor. Später wird das Gehörte im Spiel nachempfunden und gezeichnet. Auf die Frage, wie er sich das Interesse an der längst vergangenen Zeit des Mittelalters erklärt, sagt Hothum scherzhaft: "Vielleicht war ich in einem früheren Leben, etwa im 13. Jahrhundert, schon einmal Kalligraph, habe damals verschiedene Arbeiten nicht erledigt, die ich jetzt fertig machen muss." Zunächst zeigt Hothums beruflicher Weg in eine andere Richtung. Nach dem Abitur folgen Jurastudium, Examen, Referendarzeit. Zwar betrachtet er die Juristerei als ein großes, notwendiges Sachgebiet, sie befriedigt jedoch nicht seinen Wunsch, etwas Praktisches zu schaffen. Das bereitet ihm eine innere Not. "In der Juristerei geht es nicht um die Sonnenseiten des menschlichen Daseins, sondern mehr um die Schattenseiten", sagt Hothum. Erlebtes schleppt er mit in sein Privatleben. Dann ein schwerer Schlag für ihn: Hothum wird in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Ein längerer Aufenthalt in einem Krankenhaus gibt ihm Zeit, sich neu zu orientieren. Sein mittelalterliches Interesse rückt mehr in den Vordergrund. Durch Zufall wird er Kastellan der Burg Pyrmont. Doch eine mehr selbstständige Arbeit fände er interessanter."Yolanda"-Lesung mit szenischer Darstellung

Roderich Bethmann aus Wittlich macht Hothum Mut zu einer ersten Ausstellung seiner Werke. Ostern 1991 sind Hothums Kalligraphien in der Burg Rittersdorf zu sehen, die Ausstellung wird für ihn ein großer Erfolg. "Heiligs Blechle, das ist doch, was ich machen will", denkt Hothum. Er macht aus dem Hobby seinen neuen Beruf. Er bekommt Aufträge, schreibt Gedichte, Sinnsprüche, Urkunden, Diplome in mittelalterlicher Manier mit reich verzierten Initialen, fertigt Illustrationen. Herz und Seele finden die schönen Seiten in den Stilformen des Mittelalters. 1993 und im Zisterzienserjahr 1998 stellt Norman Ho thum in der Abtei Himmerod aus. Weitere Ausstellungen in Paderborn, Bad Godesberg, im Kloster Disibodenberg, der Abtei Rommersdorf und vielen anderen Städten finden ein großes Interesse. Dazwischen lehrt Hothum "die Kunst der schönen Schrift" an Volkshochschulen, gibt Seminare in England oder illustriert den Yolanda-Roman. Auf die Frage, ob er gerne im Mittelalter gelebt hätte, sagt er: "Nein, die Zeit war nicht so grandios." Doch einem Mönch im klösterlichen Skriptorium hätte er damals schon gerne über die Schulter geschaut. Fragen über Werkzeuge, Tinten und die Farbenherstellung wären von Hothum gerne gestellt worden. Die farbige Seite dieser Kunst war teilweise eine hochgiftige Angelegenheit. Pflanzen, Mineralien und Chemie wurden zur Farbherstellung genutzt. Im Augenblick schreibt Hothum 150 Psalme auf Latein. Diese Einzelblätter illustriert Michelle Beberashvili stilsicher mit floraler Ornamentik und farbigen Engel-Illustrationen.Nach Kanzleischreibern, Schreibmaschinen und Computern erlebt die Kalligraphie ihre Renaissance. Die Yolanda-Ausstellung, die im Rahmen des Projekts "Kulturhauptstadt Europas" gezeigt wird, ist am Sonntag, 2. September, zum letzten Mal geöffnet. Die Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr. Am 1. September wird es im Rahmen der Yolanda-Ausstellung in der Alten Mühle in Himmerod eine Lesung mit szenischer Darstellung geben. Die Autorin Waltraud Riehm liest um 19 Uhr aus ihrem Roman "Yolanda".

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