Kriminalität Bei Anruf Betrug

Getarnt als falsche Polizisten machen Kriminelle fette Beute. An die Hintermänner zu kommen ist äußerst schwierig.

 Die betrügerischen Anrufer sitzen in der Türkei und sind dort nur schwer zu fassen.

Die betrügerischen Anrufer sitzen in der Türkei und sind dort nur schwer zu fassen.

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

An einem Märzabend im vergangenen Jahr klingelte bei einem Rentner in Idar-Oberstein das Telefon. Am anderen Ende meldete sich ein vermeintlicher Polizist namens Jansen. Im Verlauf des Telefonats erkundigte er sich bei dem Rentner nach dessen finanziellen Verhältnissen und forderte den 74-Jährigen schließlich auf, einen Betrag von mehr als 10 000 Euro vom Konto abzuheben. Am nächsten Tag, so die Ankündigung des Beamten, kämen Kollegen vorbei, um die Echtheit des Geldes zu überprüfen.

Als er nach dem Telefonat noch einmal über das Gespräch nachdachte, kam dem Rentner die Sache spanisch vor. Er rief bei der Polizei an, die den Idar-Obersteiner über die betrügerische Masche informierte, der er fast zum Opfer gefallen wäre. So aber schnappten die Ermittler ihre angeblichen Kollegen. Als die nämlich am nächsten Tag bei dem Rentner vorbeischauten, um das Geld in Empfang zu nehmen, klickten die Handschellen.

Am selben Abend wurde unweit von Idar-Oberstein ein weiterer Mann festgenommen, der versucht hatte, auf die gleiche Art und Weise eine Seniorin übers Ohr zu hauen. Auch dieser Versuch ging schief. Dass die falschen Polizisten in einer Region häufiger zuschlagen, hat nach Erkenntnissen der Ermittler Methode. „Die Täter durchforsten einzelne Städte und Regionen systematisch nach potenziellen Opfern, um ihre Aktivitäten Tage oder Wochen später in andere Regionen zu verlagern“, sagt der zuständige Referatsleiter im Mainzer Innenministerium, Uwe Lederer.

Vor drei Monaten war Trier an der Reihe. Ende November nahmen Kriminalbeamte drei Männer im Alter zwischen 23 und 31 Jahren fest, die mehrfach als falsche Polizisten aufgetreten sein sollen. Erst kurz vor ihrer Festnahme hatten sie nach den Ermittlungen von einem Trierer Rentner einen fünfstelligen Betrag ergaunert. Das Geld hatten die Gauner noch in der Tasche.

Fälle wie diese sind in der Region Trier inzwischen an der Tagesordnung. Genau 548 Anrufe nach der Falsche-Polizisten-Masche registrierte das Landeskriminalamt im vergangenen Jahr im Bereich des Trierer Polizeipräsidiums. Vergleichszahlen aus den Vorjahren gibt es nicht, weil eine Auswertung nach Präsidialbereichen erst seit  2017 gemacht wird. Vorher waren die Fallzahlen so niedrig, dass sich dies offenbar nicht „lohnte“. Vor drei Jahren wurden in ganz Rheinland-Pfalz gerade einmal 102 Anrufe durch falsche Polizisten bekannt; im vergangenen Jahr waren es bereits 1620 und damit 16-mal so viele. Die Dunkelziffer, sagen Experten, liege noch deutlich darüber.

Natürlich führt längst nicht jeder Anruf zum Erfolg. Im vergangenen Jahr lag die Quote bei zwei Prozent (1620 Anrufe, 32 vollendete Taten), im Jahr davor bei acht Prozent (315/25). Die Zahlen sind nicht nur in Rheinland-Pfalz explosionsartig angestiegen, sondern bundesweit. Die Drahtzieher sitzen nach den Erkenntnissen der Ermittler in der Türkei. Von dortigen Call-Centern aus rufen fließend Deutsch sprechende Betrüger die Senioren in Deutschland an. Sind die Betrüger mit ihrer Masche erfolgreich, werden Kuriere vor Ort losgeschickt, um das Geld oder die Wertsachen in Empfang zu nehmen. So war es nach den gegewärtigen Ermittlungen auch im Fall der in Trier und in Idar-Oberstein festgenommenen Männer.

Doch die Festnahmen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fahnder an die Hinterleute nur schwer drankommen – auch wegen der derzeitigen politischen Situation in der Türkei und der dadurch erschwerten Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden, wie es in einem Bericht des Mainzer Innenministeriums heißt.

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