Mainz/Wittlich/Speyer Er folgte auf den „weißen Hai“: Der Landesrechnungshof-Chef Jörg Berres im Porträt

Mainz/Wittlich/Speyer · Landesrechnungshof-Chef warnt vor kaputten Straßen – und setzt den Rotstift an.

 Der Präsident des rheinland-pfälzischen Rechnungshofs, Jörg Berres. In der Hand hält er den aktuellen Jahresbericht.

Der Präsident des rheinland-pfälzischen Rechnungshofs, Jörg Berres. In der Hand hält er den aktuellen Jahresbericht.

Foto: picture alliance / Andreas Arnol/Andreas Arnold

Geht es um die Infrastruktur im Land, malt Jörg Berres die Welt nicht rosarot. Der Präsident des Landesrechnungshofs warnt vor kaputten Straßen und maroden Brücken. Rheinland-Pfalz, so lassen es die Worte des 59-Jährigen erahnen, soll langsam seine Substanz retten. „Das Land muss weiter sparen, aber nicht auf Kosten von Investitionen“, sagt der Rechnungshof-Chef, der sich bei seinem ersten Jahresbericht im Element bewegt wie ein Fisch im Wasser.

Der gebürtige Wittlicher und aufgewachsene Eifeler folgte im alten Jahr auf den Trierer Klaus P. Behnke, der von manch einem aus dem SPD-Lager der „weiße Hai“ genannt wurde. Aus heimlichem Respekt – und tiefer Verachtung: Behnke verantwortete vor seiner Pension noch einen Rechnungshof-Bericht, der den gescheiterten ersten Verkauf des Flughafens Hahn an den chinesischen Bieter SYT in seine Einzelteile zerlegte – und die Regierung gleich mit. Der Rechnungshof deckte WhatsApp-Nachrichten eines chinesischen Geschäftsmannes auf, der mit falschen Bankbelegen von 200 Milliarden US-Dollar geprahlt hat, einer Summe, auf die selbst Microsoft-Gründer Bill Gates neidisch wäre. Einige Genossen nahmen dem SPD-Mann die peinlichen Enthüllungen übel. Mit Interesse verfolgt die Mainzer Landespolitik nun, in welche Richtung der ruhige, bedächtige, analytische Berres steuert. Eine klare Meinung scheut der FDP-Mann nicht, das stellt er direkt klar. Er erwartet, dass das Land noch 160 Millionen Euro mit konkreten Sparmaßnahmen abdecken müsse, um 2020 die Schuldenbremse einzuhalten. Und rechnet seiner Behörde vor, dass 100 Millionen Euro gespart werden könnten, wenn das Land freiwerdende Stellen nicht besetze. Bei der Besoldungsgruppe A 12 müssten dann mehr als 1400 Stellen entfallen, heißt es im Bericht.

Der Rechnungshof-Chef denkt aber auch daran, wie das Land neues Geld gewinnen kann. Prüfen könne es mal, Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer einzuführen, regt er an.  Eine Forderung, die in Regierungskreisen nicht allen gefallen dürfte, besonders nicht im SPD-geführten Wissenschaftsministerium.

Wie will Berres sein Amt interpretieren? „Ich möchte an die gute, anerkannte Arbeit meines Vorgängers anknüpfen“, sagt er unserer Zeitung. Ihm ist klar: „Die Aufgabe des Rechnungshof-Präsidenten ist nie spannungsfrei, das liegt in der Natur der Sache. Wir prüfen die Verwendung der öffentlichen Mittel – unabhängig, objektiv und unparteiisch.“ Da ende dann aber die Aufgabe des Rechnungshofs, findet Berres. Schlussfolgerungen und Konsequenzen zu ziehen, obliege dem Land und den Kommunen.

Neuland ist die Arbeit mit Zahlen nicht für den Mann, der erst Nachrichtentechniker lernte. 14 Jahre arbeitete er beim Statistischen Landesamt. Beim Hunsrück-Airport Hahn kümmerte er sich nach dem Abzug der US-Truppen für das Land darum, den Platz zivil nutzen zu können. Zu seinen ersten Monaten als Rechnungshof-Präsident sagt er: „Ich muss mich täglich mit neuen Sachverhalten befassen, das bereitet mir große Freude.“ Genauso wie sein liebstes Hobby, bei dem der Vergleich mit Fischen und Haien aber hinkt. Dort fühlt sich Berres auf dem Land wohler. „Ich mache Waldläufe. 20, 30 Kilometer insgesamt in der Woche, solange es die Knie zulassen“, sagt er. „Das sind meine kreativsten Phasen für neue Ideen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort