Der Dolch am Bauch der Schlange

Irritierende Bilder erwarten den Besucher in der Steffelner Marienkapelle: Der Sockel des Standbilds der Muttergottes, angefertigt in der Bildhauerschule Maria Laach, ist mit Nazi-Symbolen verziert.

Steffeln. Gleich von welcher Richtung man sich dem malerischen Dorf Steffeln nähert, die weiße runde Kapelle hoch oben auf dem Berg ist weithin sichtbar. Wahlhausen wird er genannt und ist mit seinen 560 Metern die höchste Erhebung in der Umgebung. Von dort aus hat man fantastische Panoramablicke über die Eifel bis hin zum Nürburgring. Die Kapelle ist der Schutzmantelmadonna geweiht und heute eine beliebte Wallfahrtsstätte.

Steil geht es den Berg hinauf, vorbei an einem sehenswerten Kreuzweg. Auffallend in dem kleinen Gotteshaus ist jedoch das Gnadenbild der Gottesmutter Maria mit dem Schutzmantel. Nicht die Figur an sich, sondern deren Sockel mit den auffallenden Nazisymbolen. Aus hellem Tuffstein in der Bildhauerschule Maria Laach gefertigt, erkennt man in sehr naturalistischer Darstellung eine sich windende Schlange. Ihr Leib ist mit kurios anmutenden Details "geschmückt": Da ist ein SA-Dolch festgeschnallt, und auf dem Kopf trägt sie eine SA-Uniformmütze. Alles Sinnbilder des Bösen.

Mit dieser Kapelle erfüllte die Pfarrgemeinde Steffeln ein Gelübde, das sie am Fest Mariä Heimsuchung (2. Juli 1944) unter ihrem Pfarrer Brühl abgelegt hatte. In damaliger Kriegsnot und Angst, als sich die Front immer mehr der Eifel näherte, versprach man der Gottesmutter Maria eine Kapelle auf Wahlhausen, wenn der Krieg ihr Heimatdorf verschone.

Und Maria half. Steffeln blieb weitgehend von zerstörerischen Bombenangriffen verschont, obwohl es sehr viel Leid und Elend erleben musste.

So kam es am 13. April 1944 über dem Ort zu einem erbitterten Luftkampf zwischen englischen und deutschen Jagdflugzeugen. Dabei wurde der 22-jährige Unteroffizier Karl Dehsbesell aus dem saarländischen Neunkirchen mit seiner Fockewulf abgeschossen. Verzweifelt versuchte er noch mit seiner brennenden Maschine eine Notlandung bei Steffeln.

Zwei Männer aus dem Ort, Josef Harings und Hubert Sünnen, konnten Karl Dehsbesell noch aus dem Flugzeug befreien, das kurz darauf explodierte. Der junge Pilot war aber so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb. Heute erinnert ein Kreuz an seinen tragischen Tod.

In der Nacht zum 5. März 1945, einen Tag bevor die Amerikanern Steffeln eroberten, starb noch eine junge Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn. Granatenbeschuss hatte ihr Wohnhaus getroffen, und unter den einstürzenden Wänden wurden die beiden begraben.

49 Männer und Frauen aus Steffeln mussten wegen des Krieges ihr Leben lassen, dreimal so viele wie im Ersten Weltkrieg. Kaum ein Haus, das keine Verluste zu beklagen hatte.

"Aber das Dorf an sich blieb wie durch ein Wunder nahezu verschont. Drei große Bombenteppiche fielen östlich, südlich und nordwestlich ganz dicht an den Ort. Wären diese ins Zen-trum gefallen, so wäre Steffeln dem Erdboden gleich gewesen", erinnert sich noch Maria-Agnes Pinn.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort