Grüne wählen Jutta Paulus zur neuen Landesvorsitzenden (Update)

Lahnstein · Die 50-jährige Jutta Paulus ist mit 143 von 158 Stimmen zur neuen Landesvorsitzenden der rheinland-pfälzischen Grünen gewählt worden. Neun Delegierte stimmten mit Nein.

(wie) Die bisherige Parteichefin Katharina Binz ist seit April in die Grüne-Landtagsfraktion nachgerückt. Da die Grünen weiter Amt und Mandat trennen, musste eine Nachfolgerin für sie an der Parteispitze gewählt werden. Einzige Kandidatin war die 50-jährige Jutta Paulus aus Neustadt in der Pfalz. Sie führt nun zusammen mit Josef Winkler, der im Dezember zum Vorsitzenden gewählt worden ist, die Partei.

Am Vormittag diskutierten die rund 200 Delegierte in der Lahnsteiner Stadthalle über den Klimaschutz. Laut Umweltministerin Ulrike Höfken erzeugen erneuerbare Energien rund 47 Prozent des Stroms im Land. Umweltstaatssekretär Thomas Griese spricht von einem Rekordzuwachs an neuen Windrädern. Die designierte neue Parteichefin weist die Forderung der CDU nach Subventionen für Dieselautos als absurd zurück.

Parteichef Josef Winkler machte den Delegierten Mut für die anstehende Bundestagswahl. "Es braucht Grüne in der nächsten Bundesregierung", sagte er zu Beginn seiner gut 20-minütigen Rede. In Rheinland-Pfalz zeige sich, dass die Grünen "den Unterschied" in der Regierung ausmachten. Winkler kritisierte SPD und Union für ihre abblendende Haltung bei der Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Ehen. Winkler nannte das einen Skandal. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Politik der Grünen und Konsequenzen aus den Wahlschlappen im Saarland und in Nordrhein-Westfalen war in Winklers Rede nicht zu vernehmen.

Der Trierer Grünen-Politiker Wolf Buchmann hat sich klar gegen ein Bündnis mit der Union nach der Bundestagswahl ausgesprochen. Es gehe nicht nur darum, die große Koalition abzulösen. Es gehe auch darum, Merkel und de Maiziere abzulösen. Die Grünen dürften nicht Steigbügelhalter für die Union werden. Die Trierer Bundestagsabgeordnete Corinna Rüffer sprach sich dafür aus, die große Koaltion "mit aller Kraft" zu verhindern. Die designierte neue Parteichefin Jutta Paulus legte sich ebenfalls nicht auf einen möglichen Koalitionspartner fest. Nur ein Bündnis mit der AfD schließt sie aus. Der ehemalige Landtagsabgeordnete Michael Henke aus Bad Kreuznach war der erste Delegierte, der die Wahlschlappe in NRW ansprach. "Es muss sich was ändern", sagte er und forderte, dass die Grünen "radikaler" werden müssten.

Der Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner kritisierte deutlich Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die Ministerin mache nicht ihren Job. Es könne nicht sein, dass sie jahrelang nichts von rechtsextremen Umtrieben in der Bundeswehr mitbekommen habe. "Wie kann es sein, dass ein mutmaßlicher rechtsextremer Soldat jahrelang Dienst in der Bundeswehr tun kann?" fragte Lindner.

Bis zur Bundestagswahl sei es noch ein Dauerlauf für die Grünen. Trotzdem stünden die Chancen nicht schlecht, dass die Partei am 24. September drittstärkste Partei werden könnten. Deutliche Kritik übte der Parlamentarier an der FDP, sie sei frei von Inhalten.Porträt

Jutta Paulus - neue Grünen-Landeschefin mit Achterbahn-Karriere

(dpa/lrs) - Groß, kurze graue Haare, Brille, braune Augen: Die neue rheinland-pfälzische Grünen-Chefin Jutta Paulus (50) blickt auf eine abwechslungsreiche Parteikarriere zurück. Schon mit 21 Jahren ist sie als Studentin ins Marburger Stadtparlament gewählt worden. Dann ist sie wegen der Unterstützung der Grünen für Kosovokrieg und Agenda 2010 aus der Partei ausgetreten, 2009 zurückgekehrt - und nun an die Spitze in Rheinland-Pfalz gerückt.

Als Naturwissenschaftlerin sieht die am Samstag in Lahnstein gekürte und pragmatisch auftretende Landeschefin Energiewende, Umwelt- und Klimaschutz als persönliche Schwerpunkte. Diese Themen müssten mehr in den Fokus einer „enkeltauglichen Politik“ gerückt werden, sagt Paulus mit Blick auch auf Kinder: „Die baden aus, was wir entscheiden.“ Sie wendet sich gegen Gezänk der Parteiflügel untereinander und gegen einen Verharren in einer grünen „Kuschelecke“. Paulus ist auch Sprecherin der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Energie.

Geboren 1967 in Gießen, hat sie in Marburg Pharmazie studiert. Sie wohnt in Neustadt an der Weinstraße. Ihr 1991 mit ihrem damaligen Mann gegründete Labor für Umweltanalytik und Chemikalienbewertung ist mittlerweile verkauft. Heute arbeitet Paulus im Qualitätsmanagement des Krankenhauses in Neustadt. „In meiner Freizeit bin ich gerne zu Fuß oder mit dem Rad in der Pfalz unterwegs“, sagt die Mutter zweier erwachsener Kinder. Ihr Hobby Chorgesang stelle sie zurück, „bis die Bundestagswahl vorbei ist“ - also mindestens bis zum 24. September.

Landes-Grüne wollen Neuanfang abschließen

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