Im Süden viel Neues

TRIER/KOBLENZ. Tollwut-frei? Das war einmal. In Rheinland-Pfalz ist die Tierseuche seit Jahresbeginn bei 24 Füchsen und einem Pferd festgestellt worden. Eifel, Mosel und Hunsrück sind bisher nicht betroffen; groß angelegte Impfaktionen sollen ein Übergreifen der auch für Menschen tödlichen Krankheit verhindern. Ein Risiko bleibt.

Die Seuche fordert eine Revanche. Jahrelang galt er als entschieden, der Kampf zwischen Mensch und Natur, zwischen Tollwut-Viren und Tiermedizinern: Seit 1998 war Rheinland-Pfalz Tollwut-frei. Dann tauchte Mitte Januar im Kreis Alzey-Worms ein tollwütiger Fuchs auf, wenig später wurden auch in Kusel, Mainz-Bingen und im Donnersbergkreis infizierte Füchse gefunden. Inzwischen ist ihre Zahl auf 24 gestiegen, auch bei einem Pferd wurde die tödliche Infektionskrankheit diagnostiziert. Damit ist Rheinland-Pfalz in Sachen Tollwut Spitzenreiter unter den Bundesländern. Von Hessen aus habe die Seuche ihren neuen Angriff gestartet, heißt es im Mainzer Umweltministerium. Jenseits des Rheins sei sie nie recht unter Kontrolle gewesen, 28 Tollwutfälle habe es 2004 im Nachbarland gegeben, gegenüber keinem einzigen bei uns. Die Hessen weisen diese Darstellung entschieden zurück. Wie dem auch sei - Schuldzuweisungen bringen nicht weiter, alle Kraft wird für die nächste Runde des Kampfes gebraucht. Die erste hat die Seuche gewonnen: Als die hessische Tollwut Rheinland-Pfalz immer näher kam, starteten die Mainzer Behörden im November in der Grenzregion massive Schutzimpfungen für Wildtiere. Die Krankheit brach dennoch aus. Anfang März folgte rund um die betroffenen Gebiete eine neue Impfwelle, Mitte April wurden weitere 200 000 der streichholzschachtelgroßen Köder mit dem Impfstoff verteilt - über unbewohnten Gebieten per Flugzeug, in Siedlungsgebieten von Hand. 150 000 Euro kostete die Aktion. Die nächsten Impfungen sind für Ende Mai/Anfang Juni sowie für Mitte Juli geplant. Von Trier und dem Umland sei die Tollwut derzeit "weit genug weg", sagt Bernhard Irsch vom Referat Veterinärwesen des Landesuntersuchungsamts in Koblenz. "Im Norden herrscht Ruhe." Aufpassen müssen allerdings Menschen, die ihr Tier mit zum Wandern oder Radfahren in tollwutgefährdete Gebiete wie die Pfalz nehmen. Sie sollten ihr Tier gegen Tollwut impfen und nicht frei herumlaufen lassen, empfiehlt Irsch. Komme beispielsweise ein Hund in Kontakt mit einem Fuchs, bei dem man Tollwut nicht ausschließen könne, müsse er getötet werden. Für Weidetiere gibt es dem Experten zufolge keine Einschränkung. Auch in Tollwut-gefährdeten Gegenden dürfe man etwa ein Pferd kaufen und bei Trier, Bitburg oder Wittlich auf die Weide stellen. Könnte so nicht die Tollwut eingeschleppt werden? Irschs Kommentar: "Lebensrisiko." Auch wenn die Region derzeit nicht zu den gefährdeten Gebieten gehört: "Ein gesunder Menschenverstand kann nicht schaden", sagt Irsch. "Ein Wildtier, das zutraulich ist, ist nicht normal." Und wer im Wald ein krankes Tier sehe, solle es auf keinen Fall streicheln, sondern den Förster benachrichtigen. Wie wahrscheinlich ist es, dass Trier und Umgebung den neuen Angriff der Seuche abwehren können? Bernhard Irsch gibt keine Prognose zum Ausgang des Kampfes ab. Mit so kleinräumigen Tollwut-Gebieten wie derzeit und dem Wiederauftreten der Seuche in Regionen, die lange als Tollwut-frei galten, gebe es keine Erfahrung. "Wir impfen so, dass wir guten Gewissens sagen können: Das reicht", erklärt Irsch. "Wenn wir auf der ganz sicheren Seite sein wollen, müssen wir das gesamte Bundesland impfen." Diese Lösung sei wegen der immensen Kosten illusorisch. Das Fazit des Experten: Er habe die "berechtigte Hoffnung", dass die Seuche eingedämmt werden könne. "Wenn uns die Natur widerlegt - dann ist das so."

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