Der Ofen ist an

Ein Observatorium, eine Kapelle, eine römische Wasserleitung - die Spanne der Mutmaßungen von Besuchern der Hochmark ist groß. Doch der kuppelartige Steinbau mit originell-funktioneller Dachkonstruktion ist ein Nachbau eines historischen Glasschmelzofens (der TV berichtete). Nun wurde er feierlich eingeweiht.

 Otto Obser demonstriert vor dem von ihm erbauten Hochmarker Glasschmelzofen die anstrengende Arbeit der Glasbläser. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Otto Obser demonstriert vor dem von ihm erbauten Hochmarker Glasschmelzofen die anstrengende Arbeit der Glasbläser. TV-Foto: Mechthild Schneiders

Kordel. Otto Obser hält die Glasbläserpfeife in den Schmelzofen. Rauchschwaden quillen ihm entgegen, hohe Flammen lodern auf dem trockenen Buchenholz im Brennraum. Er ist hungrig, der Ofen. Zwei Raummeter werden benötigt für 250 Gramm Glas. Richtig angeheizt ist jedoch nicht. Denn der Ofen bringt es auf 1000 bis 1200 Grad. Präzises Heizen wäre dann angesagt. Dabei hilft die West-Ost-Ausrichtung des Nachbaus, so dass der Wind auf der ungeschützten Hochmark oberhalb von Kordel genau durch die Feuerungsöffnung blasen kann.

Knapp 100 Geschichtsinteressierte bestaunen die Rekonstruktion des mittelalterlichen Glasbläserofens, den Obser, Heimatforscher und semi-professioneller Geschichtskundler, von Sommer bis November 2008 errichtet hat. Ein Traum, den schon sein Vater, Heimatforscher Anton Obser, hatte. "Wir haben Glas in den Genen", gibt sein Sohn zu.

Ursprünglich standen zwei Öfen auf der Hochmark



Jeden Stein habe dieser einzeln in die Hand genommen, erzählt der Vorsitzende des Kulturkreises Hochmark, Otmar Werle, bei der offiziellen Einweihung. Er gibt den Gästen einen Einblick in die Geschichte des Glases, vom "Produkt des Zufalls" bis hin zum hohen Mittelalter, als die Techniken des Glasschmelzens auch die Hochmark erreichten. Alice Kauth, Schwester des Erbauers, erzählt in einem Ein-Frau-Mundart-Stück von der Arbeit rund um den Ofen. Und Hilmar Berndt liest Glas-Gedichte von Hauptmann, Fontane und Goethe.

Von der Mitte des zehnten Jahrhunderts an, schätzt Otto Obser, hätten die Glasmacher auf der Hochmark die "Smaragde der Hochmark" - Waldglas ist durch den eisenhaltigen Sand grünlich - produziert. Rund 1000 Jahre reiche der "Glaskorridor". Dass schon die Römer hier Glas herstellten, ist bislang nicht nachgewiesen. "Hier wurden Bleinuten gefunden." Der 72-jährige Kordeler schließt daraus, dass bemalte Kirchenfenster hergestellt wurden. Mindestens zwei Glasschmelzöfen haben - das ergaben Grabungen aus den Jahren 1879, 1938/39 und 2001 - auf der Hochmark gestanden. Obser vermutet weitere Standorte.

Der jetzige Ofen ist allerdings nicht authentisch. Doch die exponierte Lage direkt vor der Kulturscheune zieht die Blicke der Passanten auf sich.

Vier Glasbläser konnten gleichzeitig am Schmelzofen arbeiten. Zwei Liter oder vier Kilogramm Fritte (Glasschmelze) - das Tageswerk eines Glasbläsers - passten in den Schmelztopf, dem Glashafen, an dem Obser mit seiner Pfeife den Zuschauern vorführt, wie Glasblasen funktioniert. Es ist eine Trockenübung im Freien - flüssiges Glas ist am Einweihungstag nicht im Ofen vorhanden. Getröstet werden sie mit echten Kuadeler Panekuchen" (Kordeler Pfannkuchen) aus dem Mininachbau im nahen Vereinsdomizil Kulturscheune.

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