Pendler sauer über Zugausfälle

Gerolstein · Mehrere Züge auf der Eifelstrecke sind seit Jahresbeginn wegen Personalmangels ausgefallen. Die Fahrgäste erfuhren das meist wenige Minuten vor oder sogar erst nach dem regulären Abfahrtstermin. Der Grund: Die Bahn kämpft nach eigenen Angaben momentan mit einem hohen Krankenstand bei den Lokführern.

 Blick auf die Uhr: Bahnkunde Volker Heimes ist häufig unsicher, ob sein Zug pünktlich ist. TV-Foto: Tobias Thieme

Blick auf die Uhr: Bahnkunde Volker Heimes ist häufig unsicher, ob sein Zug pünktlich ist. TV-Foto: Tobias Thieme

Anfang Februar, morgens um viertel nach sechs auf dem Bahnsteig Nummer fünf in Gerolstein: Volker Heimes wartet bei minus zwei Grad und einer steifen Brise auf den Zug nach Trier. Um 6.27 Uhr ist Abfahrt - laut Plan. Um 6.30 Uhr tönt es dann aus den Lautsprechern. Der Zug fällt wegen Personalmangels aus. So berichtet es Heimes.

"Um halb sieben kam die Durchsage. Ein bisschen spät, wie ich meine. Wenn Personal ausfällt, weiß man das doch nicht erst ein paar Minuten nach der geplanten Abfahrtszeit", beklagt der Berufsschullehrer. An diesem Tag sei ihm nichts anderes übriggeblieben, als das Auto zu nehmen. "Mit anderen Pendlern habe ich dann eine Fahrgemeinschaft gebildet."

Seit mehr als zehn Jahren pendelt Heimes an jedem Schultag nach Trier. So lange hat er auch schon sein Abo für die Monatskarte. Die kostet etwa 190 Euro.

Auf den nächsten Zug kann er nicht warten. "Wenn die Bahn ein paar Minuten zu spät ist, rufe ich meinen Arbeitgeber an. Das läuft dann meistens glatt", sagt Heimes. Wenn sie aber deutlich zu spät sei oder ausfalle, sei das sehr ärgerlich. "Dann wäre ich erst zur zweiten Unterrichtsstunde an meinem Arbeitsplatz. Das geht nicht."

Grundsätzlich kommt Heimes aber gut zurecht. Auf das Auto will er nicht umsteigen. Immerhin 70 Prozent der Züge kämen ja pünktlich, sagt er lachend. Allerdings sei bereits Anfang Januar ein Zug wegen Personalmangels ausgefallen, sagt Heimes. Damals sei ein Bekannter betroffen gewesen.

Auch vor einer Woche fiel offensichtlich ein Zug aufgrund des Personalmangels aus. Ein Student aus Birresborn musste eine Stunde lang in Trier auf den nächsten Zug warten. "Die Durchsage kam vielleicht zehn Minuten vor Abfahrt. Allerdings wurde der Grund nicht mitgeteilt", sagt er. Ein Bahnmitarbeiter habe ihm dann gesagt, dass der Zug wegen Personalmangels ausfällt. Auch im vergangenen Jahr sei der Zug immer wieder mal stehen geblieben - weil kein Lokführer da war.

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) geht davon aus, dass der Bahn bundesweit etwa 500 Lokführer fehlen. In Trier und Gerolstein sind es laut GDL bei den Passagierzügen etwa elf. Zurzeit erschwere dort auch der extrem hohe Krankenstand von bis zu 25 Prozent die Personalplanung. Fünf Prozent seien normal.

Die Bahn will die Zahlen nur zum Teil bestätigen. Sie räumt aber mehrere Zugausfälle ein. "Es ist richtig, wir haben derzeit einen hohen Krankenstand. Teilweise fallen Lokführer auch längerfristig aus", sagte ein Bahnsprecher. Weil die Personaldecke dünn sei, sei oft kein Ersatz zu finden. "Fünf bis zehn Lokführer können wir noch gebrauchen", sagte der Sprecher. Er zeigte sich aber optimistisch, dass die offenen Stellen im Laufe des Frühjahrs besetzt werden können.

Warum die Informationen erst so spät kommen? "Wir versuchen bis zuletzt, Ersatz für kranke Kollegen zu finden. Deswegen kommen die Durchsagen oft sehr spät."

Zukünftig sollen aber die Durchsagen von dynamischen Anzeigetafeln ergänzt werden. So kann permanent über die Pünktlichkeit der Züge informiert werden. Und wenn sie denn rollen, sei auch die Pünktlichkeitsquote zufriedenstellend. Mehr als 95 Prozent der Züge fahren mit weniger als fünf Minuten Verspätung ab - sagt die Bahn. Bahnkunden, deren Zug stehen geblieben ist, können sich beim Servicecenter Fahrgastrechte (siehe Extra) über Entschädigungen informieren.

Meinung

Probleme sind hausgemacht

Jahrelang hat sich die Bahn "personell verschlankt", wie es so schön heißt. Nach eigener Überzeugung ist aus einem behäbigen Beamtenapparat ein effizienter Weltkonzern geworden. Ein Global Player. Der Blick ging etwas zu weit in die Ferne und der Umbau wurde stellenweise wohl etwas zu forsch vorangetrieben. Sicher: Für eine Grippewelle kann niemand etwas. Nicht einmal die Bahn. Aber dass bei hohem Krankenstand kein Ersatz gefunden werden kann, ist ein hausgemachtes Problem. Die Bahn zeigt sich optimistisch, offene Stellen schon im Frühjahr besetzen zu können. Das wird dann hoffentlich auch den Bahnkunden zugutekommen. Übrigens: Für das operative Geschäft ist das Management der Bahn zuständig. Für die grundsätzliche Ausrichtung der Bahn aber ist der Eigentümer verantwortlich. Und das ist immer noch der Bund. Erinnern wir bei nächster Gelegenheit also unsere Politiker an ihre Verantwortung. t.thieme@volksfreund.de

Extra
Das Servicecenter Fahrgastrechte ist eine gemeinsame Beschwerdestelle verschiedener Bahngesellschaften, die zuständig ist, wenn für eine Fahrt mehr als eine Bahn benutzt wurde (Reisekette) oder wenn es um Zeitfahrkarten und Spezialangebote geht (zum Beispiel Rheinland-Pfalz-Ticket). Auf der Internetseite ist ein Formular zu finden, das per Post an das Servicecenter geschickt werden muss. Anschrift: Servicecenter Fahrgastrechte, 60647 Frankfurt am Main, Telefon: 0180/5202178. Internet: www.fahrgastrechte.info (thie)

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