Vom Fan zum Freund

Zu Gast im Land des ersten Fußball-Weltmeisters: Ein ungewöhnliches Versprechen hat zwei Schalke-04-Fans aus der Region einen denkwürdigen Kurztrip nach Uruguay beschert - roter Teppich inklusive.

 Exotischer Stadionbesuch: Die Schalke-Fans Tobias Ensberg (Trier, links) und Thorsten Schleyer (Kröv) reisten auf Einladung von Ex-Schalke-Profi Gustavo Varela nach Uruguay. Foto: privat

Exotischer Stadionbesuch: Die Schalke-Fans Tobias Ensberg (Trier, links) und Thorsten Schleyer (Kröv) reisten auf Einladung von Ex-Schalke-Profi Gustavo Varela nach Uruguay. Foto: privat

Trier/Montevideo. Was man verspricht, das hält man auch. Klare Sache, findet Tobias Ensberg. Der 26-Jährige ist leidenschaftlicher Schalke-Anhänger, Vorsitzender des Fanclubs Moselpower Trier. Auf Schalke lernte er Mittelfeldspieler Gustavo Varela kennen. Der war gegen Ende seiner sechs Profi-Jahre im Ruhrgebiet praktisch Dauer-Patient. Stammgast auf der Tribüne. Und daher mal für ein Bier mit den Fans zu haben.

So auch bei seinem letzten Besuch. Mai 2009: Varela ist verletzt. Schalke-Manager Andreas Müller hatte ihn ein halbes Jahr zuvor ausgemustert: Zu anfällig sei er. "An diesem Tag habe ich Gustavo aus einer Bierlaune heraus versprochen: Egal, wo du hinwechseln wirst - ich werde mir ein Spiel von dir anschauen", erinnert sich Ensberg. Varela wollte in Deutschland bleiben. Ensberg: "Ich dachte an einen Trip nach Bochum, Frankfurt, zur Not auch Kaiserslautern."

Ein gutes halbes Jahr später sitzt der Bankkaufmann gemeinsam mit seinem Kröver Fan-Kollegen Thorsten Schleyer im Flugzeug. Frankfurt war nicht Ziel, sondern Start der Reise: über São Paulo nach Montevideo. Für ein langes Wochenende nach Uruguay, in ein "Land, über das es keine Reiseführer gibt" (Ensberg). Im August hatte Varela beim Trierer angerufen und ihn an sein Versprechen erinnert: Er spiele übrigens wieder für Nacional Montevideo, seinen Stammverein.

Es hätte ein Desaster für die Fans werden können. Ensberg und Schleyer wollten eigentlich die Mutter aller Derbys sehen, den "Clasico" zwischen Nacional und dem Stadtrivalen Penarol. Das Spiel wurde aber kurzfristig um eine Woche nach hinten verschoben. "Im Nachhinein war das aber das Beste, was uns passieren konnte", sagt Ensberg: "So hatten alle mehr Zeit. Uns wurde überall der rote Teppich ausgerollt." So bot der schwerreiche Club-Präsident und Hotelketten-Besitzer an, doch einfach eine Woche länger im Land zu bleiben - auf seine Kosten ("Aber wir hatten keinen Urlaub mehr"). Varela zog mit ihnen um die Häuser, stellte ihnen die halbe uruguayische Nationalmannschaft vor, die auch bei der WM dabei sein wird. Varela (31) ist zwar beim Nationaltrainer in Ungnade gefallen, hofft aber noch auf eine Rückkehr.

"Es ist eine andere Welt dort", sagt Ensberg. Das Stadion des Serienmeisters wäre in Deutschland kaum drittliga-tauglich. Und die Feindschaft zwischen den beiden Teams aus Montevideo sei überall zu spüren: Da könne das Tragen eines Trikots mit "Varela" auf dem Rücken schon zur echten Gefahr werden.

Sie erleben, wie der Chef der Hooligans von Varelas Mannschaft Geld eintreibt, damit sich die Fans vor dem Derby mit Bengalos und Fahnen eindecken können. "Das müssten wir mal bei Kevin Kuranyi versuchen", lacht Ensberg.

Aber es bleibt mehr als nur Erinnerung. "Wir kamen als Fans", sagt Ensberg, "und gingen als Freunde". Varela hat schon einen Gegenbesuch angekündigt. Versprochen.

HINTERGRUND

Uruguay: Das im Norden an Brasilien, im Westen an Argentinien grenzende Land ist gerade mal halb so groß wie Deutschland. Die Hälfte der gut drei Millionen Einwohner lebt in der Hauptstadt Montevideo. Dort spielt sich auch das Fußballgeschehen im Lande des zweifachen Weltmeisters (1930 und 1950) ab: Die Fans der Hauptstadt-Teams Nacional (u.a. mit Gustavo Varela) und Penarol (mit Ex-Schalker Dario Rodriguez) sind zutiefst verfeindet. (AF)

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