Henrik Rödl: Nach vorne, nach oben – aber langsam!

Basketball-Bundesligist TBB Trier hat das wohl turbulenteste Jahr seiner Bundesliga-Geschichte hinter sich. Seit der Saison 2010/2011 ist der besonnene Henrik Rödl in Trier als Cheftrainer am Brett. Er hat das Team umgekrempelt und soll Ruhe reinbringen. Bisher gelingt das dem 41-Jährigen bestens.

Wer schnell in die höchsten Jubel-Sphären geschossen wird, kann blitzschnell im tiefsten Krater landen. Das weiß Henrik Rödl, Cheftrainer des Basketball-Bundesligisten TBB Trier. Für übermäßige Lobeshymnen ist der 41-Jährige daher überhaupt nicht zu haben. Das machte Rödl schon an seinem ersten „offiziellen“ Tag in Trier deutlich. Am 21. Mai wurde die Legende von Alba Berlin bei einer Pressekonferenz vorgestellt. Er sollte für ein neues Konzept stehen. Für einen neuen Weg nach einer sowohl sportlich als auch finanziell deprimierenden 20. Trierer Bundesliga-Saison. Die Superschwergewichts-Rolle, an der man sich verheben könnte: einer der renommiertesten Basketballer Deutschlands, Europameister, 178-facher Nationalspieler, Ex-Cheftrainer von Alba Berlin, erfolgreichster Nachwuchstrainer des Landes. Er soll's richten. Das sorgt für massive Erwartungshaltung. Aber Rödl ist niemand, der sich in Lichtgestalts-Pose wirft. „Ich kann keine Wunder vollbringen“, verkündete Rödl gleich am ersten Tag. Erwarten dürfe man Intensität, Leidenschaft und dass er mit „Haut und Haaren die Aufgabe angeht“. Aber er werde „Zeit brauchen“, es könne nur Schritt für Schritt gehen. Gerne nach vorne, nach oben. Aber eben nicht im Eiltempo.

Rödl sollte für das stehen, was die TBB im Zuge der Vorstellung der neuen Treveri Basketball AG „ehrlicher Basketball“ nannte: Keine Söldnermentalität mehr, ein selbstbewusstes „Ja“ zu jungen deutschen Spielern, die sich anderswo noch nicht in der Liga beweisen konnten. Das hörten auch die Fans gerne – und freuten sich auf die kommende Saison. Turbulent wurde es aber lange vor dem ersten Sprungball der Bundesliga-Saison. Ende Juli berichtete der TV, dass es bei den Trierern eine Dokumentenfälschung gegeben haben soll. Der Fall schlug bundesweit Wellen. Die Staatsanwaltschaft schaltete sich ein. Die Affäre war erst geklärt, als der damalige GmbH-Geschäftsführer und zwischenzeitliche AG-Vorstand Lothar Hermeling nach zuvor wochenlangem Dementi zugegeben hatte, im Januar 2010 die Unterschrift unter einem Spielervertrag gefälscht zu haben.

Rödl und sein neues Team – darunter Ex-Nationalspieler Philip Zwiener, Routinier George Evans oder der neue Kapitän Dragan Dojcin – hatten damit freilich nichts zu tun. In der Vorbereitung verließ der Tross aber gern mal Trier und die, so nannte es die TBB, „Sommer-Affäre“. Trainingslager in Serbien, ein emotionales Abschiedsspiel für Rödl in Berlin, Tests in Belgien und Luxemburg – die Mannschaft sollte zusammenfinden und sich nur auf den Basketball konzentrieren. Nach der deftigen Auftakt-Niederlage gegen Göttingen gelang das auch immer besser. Für den Trainer ist die Defensive der Schlüssel zum Sieg. Und das setzte sein Team um. Mit Ausnahme des Gastspiels in Quakenbrück war auswärts immer ein Sieg möglich. In den Heimspielen gab es lockere Siege wie gegen den alten Rivalen Bonn (65:48), aber auch heiß umkämpfte wie gegen den Mitteldeutschen BC oder Ulm. Lob für Rödls Arbeit gab es seitdem von vielen Trainerkollegen und regionalen sowie auswärtigen Medien. Mancher TBB-Fan schaut auch mal genauer auf die Tabelle: Könnte mit dieser Mannschaft, diesem Kollektiv, vielleicht sogar die erste Play-off-Teilnahme seit 2004 drin sein? Rödl kann man für solche Wunschträume nicht gewinnen. Dass man sein Team zu den positiven Überraschungen zählen könnte, das wollte Rödl nach den ersten eindrucksvollen Auswärtserfolgen nicht dementieren. Aber abheben ist verboten – immer schön auf dem Parkett bleiben. Das dürfte auch 2011 nicht viel anders werden.

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