Im vorderen Mittelfeld

TRIER. Bei Daimler-Benz im Nadelstreifen-Anzug "herumlaufen" oder im Lieblings-Outfit sein eigener Herr sein - Dieter Strobel entschied sich für die Ärmel-hoch-Variante und hat das nie bereut. Mit dem Saturn-Markt in der Trierer Simeonstraße schrieb er Erfolgsgeschichte.

Im Vordergrund stehen findet er wenig erbaulich ("Das brauch ich nicht. Ich habe kein Ego-Problem"), und Gespräche mit der Presse führt er eher selten. Diesmal aber gibt es einen ganz triftigen, Dieter Strobel bei der Ehre zu packen: Am Mittwoch, 22. September, wird "sein" Saturn zehn Jahre alt: "Ja, darauf bin ich tatsächlich stolz". Anno 1994 leistete Strobel Pionierarbeit. Weil es in den Innenstädten der Republik "keine oder zu wenig gute Flächen gab", blickte die Branche gespannt nach Trier. Das Pilot-Projekt "Kaufhof und Saturn unter einem Dach" funktionierte und machte Schule. Der Saturn-Mega-Markt in der Simeonstraße war der 19.; in fünf Wochen eröffnet in Oberhausen der 100.; Nummer 101 und 102 folgen bis Jahresende in Saarbrücken und Kaiserslautern. Sortiment: CD/DVD, Computer, Foto, Handy sowie die klassische braune und weiße Ware (Fernseher; Küchen- und Haushaltsgeräte). Dazu kommt jeweils ein Service-Center.2001 noch eins draufgesetzt

Wie die Branche boomte auch der Standort Trier, der unter den Filialen der Media-Saturn-Holding (eine Tochter des Metro-Konzerns) "einen guten Platz im vorderen Mittelfeld" einnimmt. Ein hausgemachter Erfolg, denn Strobel fungiert als geschäftsführender Gesellschafter einer eigenständigen GmbH: "Wir betreiben unser Business völlig autark. Zwar haben unsere Gesellschafter gewisse Gewinn-Erwartungen, aber die enttäuschen wir nicht." Vorteil der relativen Unabhängigkeit: "Ein Einkäufer in Köln weiß nicht, was der Trierer Kunde will. Wir schon." Wir - das sind heute 92 Leute. Angefangen hat Strobel vor zehn Jahren mit einer 42-köpfigen Mannschaft und auf einer Verkaufsfläche von 1600 Quadratmetern im dritten Kaufhof-Obergeschoss, wo sich einst die Sozialräume des Warenhauses befanden. 2001 setzte Strobel noch eins drauf. Die Aufstockung des Sim-Kaufhofs um eine weitere Etage brachte für Saturn eine Gesamtfläche von 4200 Quadratmetern (3500 für den Verkauf). Die räumliche Expansion betrachtet der 51-Jährige als abgeschlossen: "Wir haben Platz genug, zumal viele Geräte auch immer unklotziger werden." Die Sortiments-Entwicklung im Zeichen des Planeten (der im Firmen-Logo nur einen Ring hat) schreitet rapide voran. "Wir sind hellwach und bleiben am Ball", betont Strobel und prophezeit für "2009, wenn wir unser 15-jähriges Bestehen feiern: Gegenüber heute wird niemand mehr unseren Laden wiedererkennen." Der Vorläufer der volldigitalen Erlebniswelt lässt sich bereits in der Telekommunikations-Abteilung bestaunen: ein kabelloses "interaktives Wohnzimmer". Rasanz hat schon früh das Leben des aus Singen/Bodensee stammenden Selfmade-Kaufmanns bestimmt, der wegen seiner Technik-Begeisterung die Berufskarriere bei Daimler-Benz startete. Um 1970 fuhr er Bergrennen auf einem "Glas 1304", einem revolutionären BMW-Vorläufer mit zwei oben liegenden Nockenwellen. Trier gefällt ihm auch deshalb so gut, weil "es nur ein Katzensprung bis zur Nordschleife ist. Da bin ich mit Freunden regelmäßig zugange". Ansonsten frönt Strobel gerne dem Tauchurlaub. Zuletzt Malediven, demnächst Cayman-Inseln. Keine Angst, dass der Laden ohne ihn nicht läuft? "Nein. Wir sind gut organisiert. Meine Mitarbeiter haben gelernt, eigenverantwortlich zu handeln. Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt. Als Kunde, als Kollege, als Lieferant. Das ist Firmenphilosophie und Teil unseres Erfolges". Auf die Frage nach dem Umsatz antwortet Strobel mit einem breiten Grinsen: "Sagen wir mal so: Er kann sich sehen lassen." Was angesichts 1,2 Millionen Besuchern jährlich, von denen die Hälfte tatsächlich etwas kauft, nicht weiter verwundert. Bei Hochpreis-Geräten lässt Strobel mit sich handeln: "Der 60-Zoll-LCD-Plasma-Bildschirm kostet 29 999 Euro. Aber da bin ich gesprächsbereit." Nur in einem Punkt ist er das nicht: "Bei Daimler-Benz wollten sie mich in einen Nadelstreifen-Anzug stecken. Da merkte ich, das ist nichts für mich." Der Saturn dafür um so mehr: "Ich halte gern den Ball flach. Aber bei aller Bescheidenheit kann ich sagen: Die Erfolgsgeschichte geht munter weiter."

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