LEICHTATHLETIK: Anfersen und Abrollen

BITBURG. "Fisch schwimmt, Vogel fliegt, Mensch läuft". Das sagte einmal der der legendäre Leichtathlet Emil Zatopek. Das Laufen war für den mehrfachen Olympiasieger die natürlichste Fortbewegungsart. Trotzdem: richtiges Laufen muss gelernt werden.

 Damit der Bewegungsapparat keinen Schaden nimmt, sollten einige Grundregeln zum richtigen Laufen beherzigt werden.Foto: TV -Archiv/Holger Teusch

Damit der Bewegungsapparat keinen Schaden nimmt, sollten einige Grundregeln zum richtigen Laufen beherzigt werden.Foto: TV -Archiv/Holger Teusch

Es istein ganz natürlicher Vorgang: Irgendwann versucht jedes Kind, aufzwei Füßen zu stehen, zu gehen und zu laufen. Das Laufen ist denMenschen angeboren. Muss man diese Fortbewegungsart als Sportausgeübt noch einmal neu erlernen? Grundsätzlich nicht, aber in unserer bewegungsarmen Gesellschaft sind viele die Fortbewegung auf den eigenen Beinen nicht mehr gewohnt. Die Folge sind untrainierte und verkürzte Muskeln und Sehnen. So genannte "Dysbalancen" als Folge von einseitigen Belastungen treten auch oft bei erfahrenen Läufern auf. Diese Verkürzungen verursachen nicht nur einen wenig ästhetischen Laufstil mit kurzen Schritten und reduzieren bei gleichem Kraftaufwand das Tempo, sie machen auch verletzungsanfälliger. Die Gelenke werden nicht natürlich belastet.

Der Sportwissenschaftler Kuno Hottenrott plädiert für variantenreiches Laufen in verschiedenen Tempi und unterschiedlichem Gelände, um Verkürzungen vorzubeugen. "Die Muskulatur verändert sich da, wo sie arbeitet", erklärt der Buchautor.

Hottenrotts Tipp ist für Laufanfänger natürlich meist nicht praktikabel. Wie für alle Sportler bietet sich den Novizen das Dehnen der Muskulatur an. Alle großen Muskelgruppen von der Wade über Oberschenkelvor- und -rückseite bis hin zu den Schultern sollten nach dem Training (mit aufgewärmter Muskulatur) für 20 bis 30 Sekunden statisch (ohne Wippen) gestreckt werden.

Lauf-ABC Grundstein im Jugendtraining

Auch die oberen Extremitäten sind wichtig. Verkrampfte Schultern können zu Problemen führen, weil die Überkreuzkoordination von Armen und Beinen für das Gleichgewicht beim Laufen sorgt. Wunderdinge darf man vom so genannten Stretching aber nicht erwarten.

Effektiver - wenn auch sehr viel aufwendiger - ist die Laufschule. Hierbei wird versucht, eine dem Idealbild möglichst nahe kommende Bewegung zu automatisieren. Mit speziellen Übungen sollen die in Gehirn und Rückenmark gespeicherten Bewegungsmuster optimiert und die Körperwahrnehmung verbessert werden. Zu den einfachen Lektionen gehört das bewusste Gehen auf den Zehenspitzen oder über die Ferse abrollend. Anfersen und Kniehebeläufe in unterschiedlichsten Variationen und kombiniert sind ebenso Beispiele wie verschiedene Sprungläufe. Sprinter, die darauf angewiesen sind, jede Muskelkontraktion in Geschwindigkeit umzusetzen, arbeiten schwerpunktmäßig mit diesem so genannten Lauf-ABC.

Die Laufschule macht in der Regel nur unter Anleitung eines erfahrenen Trainers Sinn, der Fehler erkennt und korrigiert. Weil neue Bewegungsmuster in jungen Jahren am leichtesten aufzubauen sind, erst einmal automatisiert aber auch ein Leben lang "verschaltet" bleiben, ist das Lauf-ABC bei den meisten Leichtathletik-Vereinen ein Grundstein des Jugendtrainings. Eine einfache Möglichkeit zur Verbesserung des Laufstils sind regelmäßige Sprints nach einem Dauerlauf, bei denen man bewusst auf Kniehub und Armeinsatz achtet.

Den idealen Laufstil gibt es aber nicht. Die Hebelverhältnisse sind bei jedem Menschen anders. Zatopek zum Beispiel wurde wegen seines schnaufenden, rudernden Stils die "Lokomotive von Prag" genannt. Und trotzdem stellte die vor drei Jahren verstorbene Lauflegende 18 Weltrekorde auf.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort