Bauen von der Stange: Immer mehr Fertighäuser in Deutschland

Wuppertal (dpa) · Fertighäuser sind zunehmend gefragt, sie gelten als preiswert. Doch jeder vierte Bauherr greift inzwischen tief in die Tasche und zahlt mehr als 300 000 Euro.

 Fertighauswelt in Wuppertal: Im ersten Halbjahr 2013 war mehr als jedes siebte neu gebaute Einfamilienheim in Deutschland ein Fertighaus. Foto: Rolf Vennenbernd

Fertighauswelt in Wuppertal: Im ersten Halbjahr 2013 war mehr als jedes siebte neu gebaute Einfamilienheim in Deutschland ein Fertighaus. Foto: Rolf Vennenbernd

Feindbild rosa Schweinchen: Das Kindermärchen von den wohnungssuchenden drei Borstenviechern kratzt am Image der Fertighausbranche. Während der böse Wolf die Stroh- und Holzhäuser von zwei Schweinchen einfach wegpusten kann, hat einzig der massive Ziegelbau Bestand. „Ich könnte den kleinen Schweinchen jeden Tag um die Ohren hauen“, sagt scherzhaft der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Fertigbau, Christoph Windscheif.

Mit der Eröffnung der nach eigenen Angaben modernsten Fertighausausstellung in Europa in Wuppertal will die Branche gegensteuern. Auf 18 000 Quadratmetern können Besucher bei dem Modellprojekt in einer kleinen Siedlung Prototypen von Holzfertighäusern besichtigen.

Mit einem Marktanteil von 15,7 Prozent war im ersten Halbjahr 2013 Jahr mehr als jedes siebte in Deutschland neu gebaute Einfamilienheim ein Fertighaus. Seit Jahren können sich die Hersteller über steigende Marktanteile freuen. Während der Anteil im Jahr 2000 noch bei 13,5 Prozent lag, war er bis 2012 auf 15,3 gestiegen.

Besonders beliebt sind die vorgefertigten Bauten dabei in Baden-Württemberg mit einem Marktanteil von 25,8 Prozent. In Niedersachsen entscheiden sich dagegen nur 6,7 Prozent der Einfamilienhaus-Bauherren für einen Fertigbau. Auch Nordrhein-Westfalen liegt mit einem Anteil von etwa zehn Prozent unter dem Bundesdurchschnitt.

Im vergangenen Jahr konnte die Branche ihren Umsatz in Deutschland auf 1,57 Milliarden Euro (Vorjahr 1,46 Mrd) weiter steigern. Auch für 2013 rechnen die Hersteller mit einem Umsatzplus, so Windscheif. Die im Bundesverband Deutscher Fertigbau zusammengeschlossenen 45 Unternehmen beschäftigen rund 9 000 Mitarbeiter.

Wichtigste Zielgruppe der Hersteller von Fertighäusern sind junge Familien, die einen Anteil von 40 Prozent der Kunden stellen. Auch wenn Hersteller mit Preisen von knapp 70 000 Euro oder noch darunter werben, sind Schnäppchenpreise nicht die Regel. Jedes vierte Fertighaus hat nach Angaben der Branche bereits einen Auftragswert von mehr als 300 000 Euro. Bei mehr als zwei von drei Bauvorhaben handelt es sich um individuell geplante Häuser.

Experten warnen jedoch vor einer vorschnellen Unterschrift. „Nach dem Besuch einer Fertighausausstellung sollte man das Gelände wieder nüchtern verlassen“, sagt Peter Burk, vom privaten Freiburger Institut Bauen und Wohnen. „Die Leute kaufen Möbel viel sorgfältiger als Fertighäuser“, berichtet der Diplom-Ingenieur, der auch im Auftrag der Verbraucherzentrale mehrere Ratgeber zum Thema Fertighauskauf verfasst hat. „Schönen Prospekten folgen in der Regel knallharte Verträge“, so Burk. Die Grundregel sei: Man dürfe nicht darauf vertrauen, dass man sich um nichts mehr kümmern müsse.

Die erste Klippe für den Bauherrn sei nach dem Kauf des Grundstücks die Vorbereitung der Baustelle. Kaum jemandem sei dabei bei Vertragsschluss mit dem Hausanbieter klar, was da unter dem Stichwort „ab Oberkante Bodenplatte“ noch alles auf ihn zukomme. „Es gibt viele Kostenfallen beim Fertigbau, etwa bei der Bauvorbereitung oder Erschließung“, sagt Burk.

Auch die Fertighaushersteller weisen auf ihrer Homepage auf die „feinen Unterschiede“ beim Kauf eines Grundstücks hin. Es gibt „Bauerwartungsland“, „Bauland“, „fertiges Bauland“ und „fertiges freies Bauland“. Nur bei der letzten Variante seien etwa in einem Neubaugebiet auch alle Anschlüsse für Ver- und Entsorgung bereits enthalten, heißt es.

„Da kann ein Rattenschwanz von Dingen folgen, um die man sich kümmern muss“, so der Experte. Mehrkosten nach Vertragsabschluss drohten auch bei der sogenannten Bemusterung, wenn es dann darum gehe, die Details der Hausausstattung festzulegen.

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