Unterm Strich – Die Kulturwoche Stühle, Jungs und Scheußlichkeiten

Berlin · Die Zusammenfassung der Kulturwoche von unserem Autor Rainer Nolden.

 Die US-Sängerin Pink.

Die US-Sängerin Pink.

Foto: dpa/Paul Buck

Es gibt praktisch nichts, was sich nicht dazu eignet, in einer Ausstellung gezeigt zu werden. Zum Beispiel: Auf was sitzt Ihr Kind? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass es auf einem Stuhl von Ikea Platz nimmt. Die Möbelstücke des schwedischen Massenschreiners sind ja in unzähligen – auch deutschen – Haushalten zu finden. Kinderstühle gibt’s in Möbelmärkten für wenig Geld – oftmals im einstelligen Euro-Bereich. Dass früher nicht alles besser war, auch was die Anschaffung von kindgerechtem Mobiliar angeht, zeigt derzeit eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München. Vor 150 Jahren konnten sich nur die Wohlhabenden ein Möbelstück für den Nachwuchs leisten. Rund 60 Exemplare von der Biedermeierzeit bis heute sind nun in einer Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München zu sehen. Bleibt die Frage: Worauf saßen die Kinder aus prekären familiären Verhältnissen? Auf dem Fußboden? Oder mussten sie am Tisch stehen? Die Antworten darauf gibt die Schau leider nicht. Gut möglich jedoch, dass sich aus einer solchen Minderbemitteltheit etwas entwickelt hat, das bis heute existiert: der ­Stehimbiss.

Bleiben wir noch eine Weile beim Nachwuchs. Den zu erziehen kann man bekanntermaßen nicht früh genug beginnen. Auch da gilt es, möglichst alle Facetten, die dem jungen Mann oder der jungen Dame im Alltag begegnen könnten, abzudecken. Die US-Sängerin Pink geht uns da allen mit gutem Beispiel voran: Ihrer sechsjährigen Tochter Willow hat sie rechtzeitig vorm ersten Rendezvous (oder hat das etwa schon stattgefunden?) Ratschläge mit auf den Weg gegeben, was Kerle angeht. „Wie viele Jungs kann ich auf einmal haben?“, habe ihre Tochter sie gefragt. Mit ihrer Antwort hat die Mutter wohl ziemlich barsch auf dieses Beispiel äußerst seltener frühkindlicher Promiskuität reagiert: „Vielleicht gar keinen, weil sie dich gar nicht verdienen.“ Ein Satz, der fürs Selbstbewusstsein allerdings nicht sonderlich förderlich ist. Also fügte die fürsorgliche Mama hinzu: „Die Jungs müssen freundlich und respektvoll sein. Sie müssen galant und gut zu ihren Müttern sein. Und sie müssen gut aussehen und vor allem lustig sein.“ Na prima, habe die Sechsjährige geantwortet, genauso so ein Exemplar kenne sie. Ob sie den Jungen in Kürze der Familie vorstelle, verriet die Sängerin allerdings nicht.

Immer um Weihnachten herum wird gewichtelt: Sie kennen das Spiel – man tauscht Geschenke aus, die man selbst bekommen oder im Keller wiedergefunden hat und die an Hässlichkeit und Unbrauchbarkeit schwer zu überbieten sind. Also wird dieser Kram, statt zum Sperrmüll an den Straßenrand gestellt, mit zur betrieblichen Weihnachtsfeier genommen und in einer Blindverlosung an die Kollegen weitergegeben. (Dass man selbst in der Regel mit noch etwas viel Scheußlicherem wieder nach Hause kommt, sei an dieser Stelle nur nebenbei erwähnt. Aber nächstes Jahr ist ja wieder Weihnachten.) Wer seinen Müll allerdings in großem Stil entsorgen will, und zwar noch 2017, begebe sich am Sonntag nach Stuttgart. Dort beschenken sich bei einem sogenannten Flash-Wichteln unbekannte Menschen an einem vorab vereinbarten Treffpunkt. Die Teilnehmer bringen ein verpacktes Geschenk mit, kommen an den besagten Ort - und legen das Päckchen nach einem Startsignal auf eine gekennzeichnete Fläche. Ertönt das Signal erneut, kann sich jeder ein neues Geschenk vom Haufen nehmen. Und dann? „Auspacken und glücklich sein“, versprechen die Veranstalter bei ­Facebook. Und wer wider Erwarten unglücklich ist: Auch (und gerade) in Stuttgart gibt’s an jeder Straßenecke Papierkörbe als willkommene Entsorgungsstationen. Merke: Man muss sich nicht mit Abscheulichem und Überflüssigem umgeben, wenn man nicht wirklich will. no/dpa

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