Gepard-Panzer für die Ukraine Die Waffen-Wende

Meinung · Die Lernkurve ist beachtlich. Aus „Keine Waffen an die Ukraine“ wurde „Nur Abwehrwaffen an die Ukraine“ und nun auch „Deutsche Panzer für die Ukraine“. Dahinter steht Druck von außen, Druck von innen und offenkundig die Erkenntnis, dass einem der weltweit größten Waffenexporteure die Argumente ausgehen.

Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard im Jahr 2010 auf dem Schießplatz Todendorf in Schleswig-Holstein.

Ein Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard im Jahr 2010 auf dem Schießplatz Todendorf in Schleswig-Holstein.

Foto: dpa/Carsten Rehder

Im Vorfeld war nicht nur in Militärkreisen darüber spekuliert worden, warum die USA ausgerechnet nach Ramstein in Deutschland einladen, um international darüber zu beraten, wie die Ukraine gegen russische Angriffe gestärkt werden kann. Es liegt im Nachinein nahe, dies mit der logistischen Nähe zu begründen, sozusagen auf dem Sprung bei dem im Geheimen gleichzeitig geplanten Besuch von US-Außenminister Antony Blinken und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Kiew. Doch dann hätte es auch in Polen stattfinden können. Und so bleibt die Vermutung, dass man die Mitverantwortung für das Überleben der Ukraine auch auf militärischem Gebiet Deutschland buchstäblich näher bringen wollte. Und es hat funktioniert.

Weil für die Regierung weiterhin ein hohes Maß von Geheimhaltung gilt, werden vermutlich erst Historiker die Details klären können. Aber es wird berichtet, dass die Gepard-Flugabwehrpanzer ursprünglich zu jenen schweren Waffen gehörten, die die Regierung von der Liste der lieferbaren Ukraine-Unterstützung gestrichen hatte. Wenn dies stimmt, lässt sich zumindest darüber spekulieren, dass die Einladung nach Ramstein die Regierung bewogen haben könnte, sich die Original-Liste noch einmal anzuschauen und plötzlich die Gepards einen Tag zuvor doch freizugeben, damit die deutsche Verteidigungsministerin in Deutschland nicht mit leeren Händen erscheint.

Ohne dieses Manöver wäre die deutsche Regierung zunehmend in eine Glaubwürdigkeits-Sackgasse gefahren. Die Fragen hätten nicht aufgehört, warum ausgerechnet das Land, das im zurückliegenden halben Jahrzehnt fünftgrößter Waffenexporteur der Welt war, keine schweren Waffen liefern kann. Denn wenn die waffentechnische Industrie so leistungsfähig ist, scheidet für das Nichtliefern das Argument aus, dass die Bundeswehr selbst kaum Reserven hat. Das hat sich mit dem gestarteten Ringtausch-Projekt zudem in Luft aufgelöst.

Zudem wären früher oder später die alten Berichte wieder aufgetaucht, wonach Deutschland ausgerechnet Gepard-Panzer bereits nach Katar lieferte - und das im Angesicht des Jemen-Krieges. Warum soll in Europa unmittelbar vor der eigenen Haustüre in der Abwehr eines russischen Angriffskrieges nicht möglich sein, was in Arabien kein Problem darstellte?

Noch Anfang Februar hatte Bundeskanzler Olaf Scholz die dringenden Wünsche der Ukraine angesichts des russischen Truppenaufmarsches abgelehnt mit dem Hinweis, dass Deutschland „seit vielen Jahren“ den „klaren Kurs“ verfolge, Waffen nicht in Krisengebiete zu liefern. Natürlich wusste die Ukraine seinerzeit schon, dass Deutschland das weder beim Krieg der Kurden gegen den Islamischen Staat noch bei der üppigen Belieferung arabischer Staaten im Jemen-Krieg interessiert hatte. Entsprechend leicht fiel es Kiew, eine Druckkulisse gegen Deutschland aufzubauen. Jetzt rühmt sich Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, „in großem Umfang Waffen und Ausrüstung“ geliefert zu haben, „etwa Panzerfäuste und Luftabwehrraketen“. Es ist dieselbe SPD-Politikerin, die sich anfangs rühmte, die Hilfe auf 5000 Helme und humanitäre Unterstützung zu beschränken.

So wie sich der Kanzler vor dem Krieg darauf bezog, dass die Nicht-Lieferung von Waffen von der großen Mehrheit der Bevölkerung getragen würde, betont Lambrecht nun, dass die Waffenlieferung „von unserer Bevölkerung mit großer Mehrheit getragen“ werde. Antwortete der Kanzler am Wochenende auf die Waffenliefer-Frage noch mit dem Hinweis auf die Gefahr eines dritten Weltkrieges, beschloss die Regierung am Montag die Gepard-Lieferung. Es war neben der Einladung nach Ramstein auch ein Oppositions-Antrag zur Waffenlieferung dazugekommen, bei dem die Koalition nicht länger als die Getriebene dastehen wollte. Druck wirkt. Wenn er sowohl von den Partnern im Äußeren als auch aus den eigenen Reihen kommt, besonders deutlich.

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