Bahnstreik Gewerkschafter tröten für mehr Lohn

Trier/Gerolstein/Berlin · Wie der Bahnstreik im Morgengrauen den regionalen Verkehr zum Erliegen bringt.

 Streik bei der Bahn: Gewerkschaftsangehörige gestern Morgen am Trierer Hauptbahnhof.

Streik bei der Bahn: Gewerkschaftsangehörige gestern Morgen am Trierer Hauptbahnhof.

Foto: Alexander Houben

Montagmorgen, 7.30 Uhr am Trierer Hauptbahnhof. Normalerweise eilen zu dieser Zeit Hunderte Pendler und Reisende durch die Bahnhofshalle zu den Gleisen, um ihre Züge zu erreichen. Gestern nicht. Da blicken die meisten Menschen entweder auf die große Anzeigetafel oder auf ihr Handy. Die Botschaft ist aber stets dieselbe: Zug fällt aus, Zug verspätet sich um mindestens zwei Stunden. Nichts geht mehr.

Vor der Bahnhofshalle steht der Südwest-Express RE1 auf den Gleisen, voll gepackt mit Menschen, die nach Saarbrücken, Kaiserslautern und Luxemburg wollen. Oder nur nach Konz, Saarburg und Mettlach. Zur Arbeit, zur Schule, zum Termin. Aber keine Chance, an diesem Morgen verlässt kein Zug den Trierer Hauptbahnhof.

Der Grund: ein Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, die im Tarifclinch mit der Deutschen Bahn liegt.

Die EVG-Mitglieder versammeln sich um kurz vor acht Uhr vor der Bahnhofshalle. Mit Pfeifen, Rasseln und Tröten machen sie Lärm für ihre Sache. Eine Gewerkschafterin verliest per Megafon ihre Botschaft: Die Eisenbahner müssen die Fehlentscheidungen des Managements ausbaden, müssen sich von unzufriedenen Kunden beschimpfen lassen, bekommen keine Wertschätzung.

 Nichts geht mehr auf dem Trierer Hauptbahnhof am Montagmorgen: Viele Züge fallen aus. Auf dieser Hinweistafel zu verschiedenen Zugverbindungen wird der Grund angegeben: „Streik der EVG: Fernverkehr wird bundesweit eingestellt.“

Nichts geht mehr auf dem Trierer Hauptbahnhof am Montagmorgen: Viele Züge fallen aus. Auf dieser Hinweistafel zu verschiedenen Zugverbindungen wird der Grund angegeben: „Streik der EVG: Fernverkehr wird bundesweit eingestellt.“

Foto: Alexander Houben

Nur wenige Menschen hören draußen zu. Einige fühlen mit. Auch Sabine Kratz aus Trier, die schon zwei Züge verpasst hat und eigentlich nach Mainz fahren will. „Ich habe total Verständnis für Streikende. Aber ich habe kein Verständnis dafür, dass man so wenig informiert wird.“ Dabei steht sie vor dem leeren Infopoint der Bahn in der Haupthalle. Nur das Reisezentrum ist besetzt, allerdings ist dort der Andrang der Reisenden eher schwach.

60 Gewerkschafter demonstrierten allein in Trier, sagt der Trierer EVG-Ortsverbandschef Thorsten Fettes. Ein Reisender habe die Streikenden zwar beschimpft. „Ansonsten hat das Verständnis weit überwogen“, sagt er. Das findet auch EVG-Landeschef Udo Maßing. „Es gab Menschen, die haben angeboten, Streikschilder zu halten, als die Gewerkschafter Fotos machen wollten. Andere wollten uns Kaffee holen“, erzählt Maßing von Geschichten, die ihm Gewerkschafter aus ganz Rheinland-Pfalz berichteten. Doch der Streik findet nicht nur Fans. Auf der Facebook-Seite des Trierischen Volksfreunds schimpfen Nutzer, weil Schüler zu spät in die Schule kamen oder weil berufliche Termine platzten.

Maßing wehrt sich gegen die Schelte. Er sagt: „Die EVG ist keine streiksüchtige Gewerkschaft. Ich war immer stolz, dass wir unsere Konflikte in Verhandlungen gelöst haben. Doch diesmal ist es anders als sonst.“ Die EVG, die ursprünglich 7,5 Prozent mehr Lohn forderte, brach nach vier Verhandlungstagen die Gespräche ab, weil das Angebot der Bahn aus ihrer Sicht zu niedrig ist (siehe Extra). Die Bahn sprach von einer „völlig überflüssigen Eskalation“.

Maßing sagt, „übermüdete, unterzuckerte“ Verhandlungsführer hätten Nächte durchgemacht, für eine Dusche und frische Klamotten sei kaum Zeit geblieben. Samstag entschieden sich die Gewerkschafter zum Streik, der bundesweit den Zugverkehr lahmlegte. Viele Pendlen mussten auf das Auto oder Busse ausweichen. Über den ganzen Tag hinweg gab es deutschlandweit Verspätungen und Ausfälle. Auch in Trier.

Wiederholen sich die Bilder bald wieder? Heute verhandeln Bahn und Gewerkschaft weiter. Der Ausgang ist offen.

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