SPD will die Mini-Renten aufbessern

Berlin · Im Zuge der Flüchtlingsdebatte hat SPD-Chef Sigmar Gabriel die armen Rentner entdeckt. Prompt kündigte Parteifreundin Andrea Nahles ein Gesetz an, um die Altersbezüge von Geringverdienern anzuheben. Damit droht ein Konflikt in der großen Koalition.

Berlin. Die Botschaft von Sigmar Gabriel vor wenigen Tagen war eindeutig: "Wenn Leute, vor allem in Ostdeutschland, zwar fleißig arbeiten, aber trotzdem keinen anständigen Lohn und später nur Mini-Renten bekommen, dann wächst die Enttäuschung." Da trifft es sich gut, dass die Koalitionsvereinbarung mit der Union auch noch eine "solidarische Lebensleistungsrente" enthält. Ihre Einführung werde "voraussichtlich bis 2017 erfolgen", heißt es in dem Vertrag.
Rund zwei Jahre nach Inkrafttreten der Mütterrente und der umstrittenen Frührente mit 63 wäre es das dritte milliardenschwere Paket für die ältere Generation. Dabei schien dieses Projekt in der großen Koalition schon begraben zu sein. Zumal dafür ausdrücklich ein Finanzierungsvorbehalt verabredet war, die Sache also nicht unbedingt Priorität genießt.
Aus Sicht der Genossen hat sich aber die Lage durch die Flüchtlingsströme grundlegend geändert. Mehr soziales Profil, lautet die Partei-Devise. Auch vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen. "Gerade jetzt ist das Signal wichtig, dass die Vorhaben des Koalitionsvertrages nicht infrage gestellt werden", meinte Arbeitsministerin Nahles. Für die "solidarische Lebensleistungsrente" werde man daher "noch in diesem Jahr einen konkreten Vorschlag machen".
Laut Koalitionsvereinbarung soll dabei der Grundsatz gelten: Wer 40 Jahre lang gearbeitet hat, aber damit trotzdem bloß eine monatliche Rente unterhalb von 30 Entgeltpunkten erzielt, kann mit einem Zuschlag rechnen. Unklar ist, wie hoch der am Ende ausfällt. 30 Entgeltpunkte entsprechen derzeit einer Rente von 876,30 Euro im Westen beziehungsweise 811,50 Euro im Osten. "Wer ein Leben lang gearbeitet hat und trotzdem nur auf eine ganz kleine Rente kommt, ist zusätzlich auf Grundsicherung angewiesen", erläuterte SPD-Fraktionsvize Carola Reimann unserer Zeitung. Ziel sei es, den Gang zum Amt überflüssig zu machen.
Das bedeutet: Mit der Aufstockung soll diese Rente auf jeden Fall über Hartz-IV-Niveau liegen. In der CDU ist man derweil skeptisch über die Umsetzung des Plans, wie Peter Weiß verdeutlicht, der Chef des Arbeitnehmerflügels.
Zuschüsse über Steuermittel?



Denn der Rentenhöhe stünden bei den Plänen keine adäquat geleisteten Beiträge mehr gegenüber. Daher müssten sie aus Steuermitteln mitfinanziert werden. Nach einem Konzept der früheren Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) könnten sich die Mehrausgaben auf wenigstens 2,5 Milliarden Euro pro Jahr belaufen.
Insbesondere Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dürfte darüber alles andere als begeistert sein. Zwar läuft die Konjunktur gut, und die Steuerquellen sprudeln kräftig. Doch dieses Geld hat der Kassenwart praktisch schon verplant, vor allem für die Bewältigung der Flüchtlingskrise. Auch kosten Mütterrente und abschlagfreie Rente mit 63 in diesem Jahr schon rund neun Milliarden Euro extra. Die Ausgaben werden derzeit über die Rentenkasse finanziert, also über Beitragsmittel. Längerfristig sind dafür aber Steuerzuschüsse vorgesehen.

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