Hitzewallung bedroht den Riesling

Böden trocknen aus, Erträge in der Landwirtschaft fallen aus, und Sommerhitze droht den Riesling von den Moselhängen zu vertreiben: Um die Folgen des Klimawandels für Rheinland-Pfalz abzuschätzen, soll ein landesweites Forschungsprojekt Informationen sammeln.

Mainz. Die Auswirkungen des Temperaturanstiegs wird mancher Bewohner des Oberrheingrabens in diesem Sommer vielleicht unangenehm zu spüren bekommen. Die gefürchtete asiatische Tigermücke, erst vor Jahren in Italien entdeckt, hat den Sprung über die Alpen geschafft und droht mit ihrem Stich heftiges Fieber und Gliederschmerzen auszulösen. Die Schnakenbekämpfer sind bereits aktiv. Die geografische Verschiebung von Tierarten und Folgen für das Ökosystem sind ein Bereich des Forschungsprojektes, mit dem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zusammen mit Instituten der Universitäten Mainz, Trier und Freiburg sowie Landesbehörden die Konsequenzen der Klimaveränderungen greifbar machen will.Wird auf die global steigenden Temperaturen nicht mit nachhaltigem Klimaschutz reagiert, ist es nach Angaben von Professor Hans Joachim Schellnhuber am Ende des Jahrhunderts durchschnittlich fünf Grad wärmer. Für Rheinland-Pfalz wäre mit einem Plus von drei bis vier Grad zu rechnen. Doch selbst wenn es gelingt, den Anstieg auf zwei Grad zu begrenzen, gibt es erhebliche Veränderungen im Land.Landwirtschaft wird künftig mehr wässern müssen

Daher soll das auf dreieinhalb Jahre angelegte und mindestens 1,8 Millionen Euro teure Forschungsprojekt unter anderem Probleme der Bodenbeschaffenheit und Erosion untersuchen, sich mit Anpassungsmöglichkeiten beim Baumbestand und in der Nutzung des Waldes beschäftigen und Änderungen in der Landwirtschaft, Ertragsrisiken und neue Herausforderungen beim Schädlingsbefall erforschen. Auch der Weinbau wird sich nach Schellnhubers Überzeugung ändern. Der Riesling als Rebsorte für gemäßigte Breiten werde vielleicht verschwinden.Dass es künftig häufiger mittelgroße Hochwasser geben wird, zeichnet sich nach Angaben von Professor Markus Casper bereits ab. Der Umweltforscher von den Geowissenschaften der Uni Trier beschäftigt sich im Projekt mit den Folgen des Wandels für den Wasserhaushalt. Steigende Temperaturen lassen zwar die Pflanzen länger wachsen. Doch im Sommer verdunstet das Wasser auch schneller. Die Landwirtschaft wird laut Casper mehr bewässern müssen. Daher braucht es neue Strategien, die Wassernutzung zu steuern. Mehr Wasser müsse im Boden versickern statt bei Regen abzufließen, lautet eine Antwort.Das Forschungsprojekt will die Klimaentwicklung bis 2100 abschätzen. Risiken und Chancen sollen aufgezeigt sowie Methoden zur Anpassung entwickelt werden. Zentrale Ergebnisse werden Anfang 2011 vorliegen. "Noch haben wir die Chance, einen wirklich desaströsen Klimawandel zu vermeiden", so Schellnhuber. Meinung Klimaschutz vor der eigenen Tür Der Klimawandel ist längst kein unbekanntes Phänomen mehr. Doch die gravierenden Folgen sind bei weitem noch nicht bekannt. Höchste Zeit also, dass im Land den konkreten Auswirkungen nachgespürt wird. Wenn Expertenmeinungen von Milliardenkosten bis zu wirtschaftlichen Chancen reichen, wird die Realität am Ende - wie so oft - irgendwo dazwischen liegen. Entscheidend für das Ausmaß der Veränderung ist natürlich die weltweite Reaktion auf die Herausforderung. Ob sich etwa die Weltklimakonferenz doch noch ein neues Abkommen abringt. Wie schwierig die Diskussion aber auch im Land ist, zeigt die aktuelle Diskussion um ein neues Kohlekraftwerk in Mainz. Hier beißt sich Versorgungssicherheit mit Klimaschutz. Den einzig richtigen Weg wird es vorerst nicht geben. Für Rheinland-Pfalz heißt dies in erster Linie, Energie einzusparen. Trockene Sommer und regenreiche Winter sind schon Wirklichkeit. Neue Investitionen in Wintersportgebiete dürften selbst kühnsten Optimisten bald schwer fallen. j.winkler@volksfreund.de

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