Mehr als die "letzte Ölung"

TRIER. Im Volksmund wird die Krankensalbung immer noch oft als "letzte Ölung" bezeichnet. Meist wird sie gewünscht, wenn akute Lebensgefahr besteht. Dabei ist sie ursprünglich ein Sakrament der Lebenden, das im Krankheitsfall Stärkung und Ermutigung geben soll.

Angst vor dem Tod hat fast jeder. Aber viele Menschen finden gerade bei schwerer oder lebensbedrohlicher Krankheit Halt und Zuversicht in ihrem Glauben. Das katholische Sakrament der Krankensalbung soll den Kranken aufrichten und ermutigen. Dennoch verbinden die Menschen das Wort Krankensalbung direkt mit dem Begriff der "letzten Ölung". Dass kurz vor dem nahenden Tod geistlicher Beistand gewährt wird, ist vielen Menschen so wichtig, dass sich der Hinweis "Versehen mit den christlichen Sterbesakramenten" noch heute in manchen Todesanzeigen findet. Nach der theologischen Auffassung seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil soll die Salbung aber gar kein Abschiedssakrament sein, sie soll den Kranken stärken und ermutigen. Das sieht auch Pater Bernward Jensch so, Seelsorger im Trierer Brüderkrankenhaus. Logischerweise kann die Krankensalbung häufiger wiederholt werden, auch bei ein und derselben Erkrankung. Dass es sich eigentlich nicht um ein Sterbesakrament handelt, zeigt sich auch in der Bibel. Im Brief des Jakobus, auf den die Salbung zurückgeht, heißt es: "Ist jemand krank bei euch, so rufe er die Ältesten der Gemeinde; sie sollen über ihn beten und ihn mit Öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens wird den Kranken retten, und der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden begangen hat, wird ihm vergeben werden." Dem Menschen solle gezeigt werden, dass Gott bei ihm sei und ihn aufrichte, erklärt Pater Jensch das Sakrament. "Dies ist ein aufbauendes Sakrament", sagt auch Horst Drach, zuständig für die Krankenseelsorge im Bistum Trier. Zum Sakrament gehören zwei wichtige Gesten: das Auflegen der Hände und die Salbung mit Öl. Durch die Handauflegung will man dem Kranken zeigen, dass er in dieser schweren Situation nicht alleine ist. "Es wirkt auf den Kranken beruhigend", so ist die Erfahrung von Jensch. Die Salbung ist ein Ritual, das seit der Antike bekannt ist - früher wurden Könige gesalbt. Der Gesalbte stand schon immer in einer engen Beziehung zu dem Göttlichen. Auch im christlichen Glauben hat die Salbung eine große Bedeutung. Bei der Taufe wird jeder Christ gesalbt, was die Verbindung mit Christus (zu deutsch: "Der Gesalbte") ausdrücken soll. Bei der Krankensalbung wird dieser Vorgang wiederholt und so erneuert. Aber nicht nur für den Kranken, auch für die Angehörigen soll das Sakrament eine Stütze sein. Durch das Sakrament erfahren auch sie Trost und Zuversicht. Der Glaube hilft ihnen, mit dem Schicksal zurechtzukommen. "Menschen brauchen Rituale, gerade in schwierigen Situationen des Lebens", erklärt Drach. Ab und zu kommt es vor, dass Patienten "vorsorglich" kurz vor Operationen um das Sakrament bitten. Doch in fast 90 Prozent der Fälle geht es um Leben und Tod, wenn Jensch oder sein Kollege in ein Zimmer im Brüderkrankenhaus gerufen werden. Das passiert fast täglich, zu jeder denkbaren Zeit. Meist werden die Geistlichen vom Personal alarmiert, das den Kranken schon längere Zeit betreut hat. "Wir versuchen, wenn es möglich ist, zuerst mit den Angehörigen sprechen, um etwas über den Kranken zu erfahren." Aber die Krankensalbung macht nur einen Teil der Arbeit der rund 37 Krankenhaus-Seelsorger imBistum Trier aus. Nicht weniger wichtig sind die Gesprächsangebote für Patienten, Personal und Angehörige. "Wir wollen einfach für den Menschen da sein und helfen", sagtBernward Jensch.

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