Trump will Teheran die Zähne zeigen

Washington · Der US-Präsident stoppt den Atomdeal mit dem Iran nicht. Aber er verlangt Nachbesserungen - und spielt dem Kongress den Ball ins Feld.

Trump will Teheran die Zähne zeigen
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Washington Die Vereinigten Staaten werden das Atomabkommen mit Iran nach den Worten ihres Präsidenten Donald Trump zwar nicht aufkündigen, wohl aber auf härtere Bedingungen für Teheran drängen.
Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt hat es Trump abgelehnt, dem Iran die Einhaltung des 2015 geschlossenen Vertrags zu bescheinigen, wie es das Parlament auf Capitol Hill alle 90 Tage von ihm verlangt. Er könne und wolle dies nicht bestätigen, sagte er in einer Ansprache an die Nation. Die USA seien nicht länger bereit, einen Weg zu gehen, der zu noch mehr Gewalt, noch mehr Terror und der "sehr realen" Gefahr führe, dass sich der Iran nuklear bewaffne. Daher weise er sein Kabinett an, mit dem Kongress und den europäischen Verbündeten zusammenzuarbeiten, um die Schwächen des Deals auszumerzen. Das iranische Regime, nach Trumps Diktion der größte staatliche Sponsor des Terrorismus, dürfe nie in die Lage kommen, der Welt mit Nuklearwaffen zu drohen.
Scharfe Kritik übte der Präsident an den sogenannten Sonnenuntergangsklauseln des Vertragswerks, nach denen Restriktionen für das iranische Atomprogramm ab 2025 gestaffelt auslaufen. Zudem, kritisierte er, werde die Entwicklung ballistischer Raketen durch Teheran von "nahezu komplettem Schweigen" begleitet. Dies müsse sich ändern, der Bau einer iranischen Interkontinentalrakete unter allen Umständen verhindert werden. Im Übrigen arbeite der US-Kongress bereits daran, die Beschränkungen für die Nuklearanlagen Irans - nach amerikanischem Recht - auf unbestimmte Zeit fortzuschreiben. Er unterstütze das, betonte Trump und schob hinterher, dass das Atomabkommen fortwährend überprüft werde. Es stehe in seiner Macht, jederzeit zu erklären, dass sich sein Land nicht mehr daran gebunden fühle.
"Je länger wir eine Bedrohung ignorieren, desto akuter wird diese Bedrohung", dies sehe man gerade am Beispiel Nordkoreas, fügte Trump an. Er hoffe, dass die iranische Regierung darüber nachdenke, ob sie Terroristen weiterhin unterstützen wolle. Zuvor hatte Außenminister Rex Tillerson zugestanden, dass Teheran rein technisch sämtliche Auflagen erfülle. Gleichwohl müssten auch andere Konfliktpunkte geregelt werden, etwa die Rückendeckung für die libanesische Hisbollah oder schiitische Rebellen im Jemen. Sanktionen gegen Iran empfehle die Administration allerdings nicht.
Es ist ein verbaler Spagat, und im Kern bedeutet er, dass Trumps Riege den Ball in die Spielhälfte des Parlaments spielt. Indem sich der Präsident weigert, die Einhaltung des "Joint Comprehensive Plan of Action" zu zertifizieren, wie es bürokratisch sperrig heißt, lässt er der Legislative großen Spielraum. Der Kongress soll nun entscheiden, ob er zurückkehrt zu Wirtschaftssanktionen, diesmal wohl in einem Alleingang, ohne dass die europäischen Alliierten mitziehen. Dafür hat er zwei Monate Zeit. Wie es ausgehe, orakelt Tillerson, sei völlig offen. Denkbar sei, dass der Kongress gar nichts tue. Denkbar sei auch, den Kurs gegenüber den Iranern mithilfe zusätzlicher Gesetze zu verschärfen. In dem Fall würden sogenannte Triggerpunkte automatisch Strafmaßnahmen auslösen. Falls Teheran etwa erneut eine ballistische Rakete teste, würde dies unweigerlich geahndet, beschreibt Tillerson das Wunschszenario des Weißen Hauses.
Der Ball in der Spielhälfte des Kongresses: Das hat zur Folge, dass sich Falken und Tauben mindestens für den Rest des Jahres erbitterte Duelle liefern werden. Grob skizziert, treten die Republikaner für Nachbesserungen ein, während die Demokraten das Paket nicht noch einmal aufschnüren wollen. Angeführt von Tom Cotton, einem erzkonservativen Senator aus Arkansas, sieht die Fraktion der Hardliner einen Iran, den der Atomdeal nur ermuntert, im Nahen Osten noch aggressiver aufzutreten als zuvor. Der Opposition wiederum geht es nicht zuletzt darum, ein Modell für Konfliktvermeidung zu retten, das nach ihrem Verständnis zu den herausragenden Leistungen Barack Obamas gehört, des Altpräsidenten, an dem Trump im Wahlkampf kein gutes Haar ließ.
Demokraten wie Ben Cardin, einer der profiliertesten Außenpolitiker des Senats, hatten einst gegen die Abmachung gestimmt. Inzwischen warnt Cardin vor dem Gang in die Isolation. Und Verteidigungsminister James Mattis gehört offenbar zu jenen, die Trump ins Gewissen geredet und damit verhindert haben, dass der Staatschef schon jetzt die Reißleine zieht. Mattis, erzählen Insider, habe davor gewarnt, neben der Kontroverse mit Nordkorea auch noch eine mittelöstliche Büchse der Pandora zu öffnen. Er wolle sich nicht auch noch über einen nuklear bewaffneten Iran den Kopf zerbrechen müssen.

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