Wulffs Kampf geht weiter

Berlin · Christian Wulff hat offenbar seit seinem Freispruch vom Landgericht Hannover vor fast vier Monaten Kraft getankt. Nun stellt er sein Buch über seinen Rücktritt vor und geht in die Offensive.

Berlin. Die Wangen sind nicht mehr so eingefallen, die Blässe ist aus seinem Gesicht gewichen. Er trägt wieder den dunkelblauen, präsidialen Anzug. Dazu die hellblaue staatstragende Krawatte. Scheinbar ohne jede Nervosität formuliert Wulff seine Sätze auf dem Podium der Bundespressekonferenz, betont sachlich. Der Mann, der sich von Medien und Justiz zur Jahreswende 2011/2012 aus dem Schloss Bellevue gejagt fühlt, aus seiner Sicht aber ohne wirkliche Chance zur Gegenwehr gewesen ist, hat eine Botschaft: Sein Kampf geht in die nächste Runde. Der Gegner ist ausgemacht.
Er hat ein Buch geschrieben. Wulff, 598 Tage Bundespräsident, keine zwei Jahre, hat seine Notizen und Aufzeichnungen durchgearbeitet. Dazu die ganzen Akten, die im Laufe des Verfahrens wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme und der Bestechlichkeit gegen ihn aufgelaufen sind. "Ganz oben ganz unten" heißt das Werk. Kein Journalist hat es vorher zu lesen bekommen. Er sei der bestdurchleuchtete Politiker, behauptet er. Er will die Dinge zurechtrücken, seine Tochter hat ihm ausdrücklich dazu geraten. "Für mich persönlich ist dieser Tag heute hier ein Neuanfang", sagt er vor der versammelten Hauptstadtpresse.
Als Bundespräsident sei er zum Opfer des Jagdfiebers der Medien geworden, die sich mit der Justiz die Bälle zugespielt hätten, erklärt er. Darin liege eine ernste Gefahr für die Demokratie. Wulff, der jetzt wieder als Anwalt arbeitet und sich künftig stärker als Vortragsreisender politisch einbringen will, fordert eine neue Umgangskultur mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Geht es um eigene Fehler, wird er eher beiläufig konkret: Nicht umfassend genug habe er in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident über den umstrittenen Hauskredit eines Freundes Auskunft gegeben. Auch hätte er als Bundespräsident mehr Distanz halten müssen - beispielsweise mit Blick auf Urlaube bei befreundeten Unternehmern. Ebenfalls sei es falsch gewesen, dem Chefredakteur der "Bild" auf die Mailbox zu sprechen. Eine halbe Stunde ist vergangen, da sagt er den für ihn vom eigenen Selbstverständnis her wohl wichtigsten Satz: "Der Rücktritt war falsch. Und ich wäre heute der Richtige im Amt." Wenn aber gegen ein Staatsoberhaupt Ermittlungen eingeleitet würden, dann bliebe halt nur der Rücktritt. Inzwischen wisse man, dass die Staatsanwaltschaft Hannover "mit leeren Händen" dagestanden habe. Aus seiner Verachtung für die Juristen macht er keinen Hehl.
Auch nicht aus der für die Bild-Zeitung. Vor allem mit ihr scheint Wulff noch lange nicht fertig zu sein. has

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