Der Nachbar erntet, was man sät

"Nur ein Veto des Bundeskanzlers könnte es noch stoppen." Damit rechnet er jedoch nicht. "Das ist beschlossene Sache." Stefan Marx ist sich sicher, und es spricht vieles dafür, dass der Lohnunternehmer aus Landscheid recht hat. Kanzler Schröder wird seine Hand nicht heben und sagen: "Meine Damen und Herren, mit mir nicht." Die Rede ist vom so genannten Haushaltsbegleitgesetz 2005, das unter anderem eine stärkere Besteuerung des Agrardiesels vorsieht. Bisher liegt dieser Satz bei rund 25 Cent pro Liter, ab kommendem Jahr sollen es dann knapp 40 Cent sein. Das bedeutet: Jeder Liter wird rund 15 Cent teurer."Am meisten trifft es die, die investiert haben"

 Lohnunternehmer aus Luxemburg können ihre Arbeit auf deutscher Seite billiger anbieten als Eifeler Dienstleister.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Lohnunternehmer aus Luxemburg können ihre Arbeit auf deutscher Seite billiger anbieten als Eifeler Dienstleister.Foto: TV -Archiv/Friedemann Vetter

Für Lohnunternehmer Marx wäre es auf jeden Fall hilfreich, wenn der Kanzler seine Hand heben würde. Rund 250 000 Liter Diesel verbraucht Marx, der im Auftrag der Landwirte die Ernte einfährt, im Jahr. Nach der Steuererhöhung müsste er dafür 37 500 Euro mehr bezahlen. Ein Leid, dass Marx im kommenden Jahr mit vielen Lohnunternehmern und Landwirten teilen muss, die Agrardiesel tanken - allerdings nur in Deutschland. Wenige Kilometer entfernt ist alles ganz anders. Wer in Luxemburg seinen Schlepper mit Agrardiesel tankt, zahlt derzeit rund 40 bis 45 Cent pro Liter und damit ungefähr die Hälfte von dem, was es hier kostet. "Wir wollen keine Neiddiskussion anfangen und freuen uns für die luxemburgischen Kollegen", sagt Michael Horper, Vorsitzender des Kreisbauernverbands Bitburg-Prüm. Doch das ändere nichts daran, dass es innerhalb der Europäischen Union eine Wettbewerbsverzerrung gebe. Für die Landwirtschaft in der Region verläuft deren Grenze nicht nur entlang der Sauer und Our, sondern mittlerweile auch schon bis in den Wittlicher Raum. Da Lohnunternehmer aus Luxemburg deutlich weniger für ihren Sprit zahlen, können sie ihre Leistung in Deutschland auch günstiger anbieten. "Die machen sich drüben den Tank voll und kommen dann rüber nach Deutschland", sagt Alfons Kewes, Kreisgeschäftsführer des Bauernverbands Bitburg-Prüm. Umgekehrt seien luxemburgische Bauern auch bereit - und in der Lage -, mehr Pacht für Ackerflächen zu zahlen als einheimische Landwirte, weshalb beispielsweise im Körpericher Raum immer mehr Äcker von Traktoren aus dem Großherzogtum bearbeitet werden. Deutsche Landwirte machen zunehmend Geschäfte mit dem Ländchen und schaden damit möglicherweise Kollegen oder einheimischen Unternehmen. "Da können wir als Verband nicht reinreden", sagt Kewes. "So groß ist die Solidarität bei unseren Landwirten dann auch wieder nicht." Nicht zuletzt deshalb, weil auch nicht alle Landwirte im gleichen Maße von der bevorstehenden Anhebung der Agrardieselsteuer betroffen sind. So ist vorgesehen, dass jeder bäuerliche Betrieb auch in Zukunft bis zu 10 000 Liter Diesel pro Jahr subventioniert bekommt. "Die Betriebe, die in den vergangenen Jahren investiert, sich dem Markt angepasst und vergrößert haben, trifft es jetzt am meisten", sagt Stefan Marx. "Wir hätten damit weniger Probleme, wenn wir gleiche Wettbewerbsbedingungen hätten", sagt Klaus Land, Lohnunternehmer aus Dingdorf. "Doch so müssen wir uns überlegen, was wir überhaupt noch machen können." Klaus Land hat überlegt - und spielt wie sein Kollege aus Landscheid mit dem Gedanken, seinen Betrieb ins Nachbarland zu verlagern. "Ich will nicht nach Luxemburg", sagt der Dingdorfer Lohnunternehmer, "aber man muss schauen, wo man bleibt."

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