Mit logischem Denken und gesundem Menschenverstand

Bitburg/Prüm · Fernab vom Gerichtssaal kümmern sich Schiedsfrauen und -männer um Streitigkeiten des alltäglichen Lebens und versuchen, das zu erreichen, was eine Rechtssprechung eher selten vermag: Menschen wieder zusammenzuführen. Knapp die Hälfte von insgesamt 32 Streitfällen, die die zwölf Schiedspersonen im Eifelkreis Bitburg-Prüm sowie in der Verbandsgemeinde Obere Kyll im vergangenen Jahr bearbeitet haben, war erfolgreich.

Bitburg/Prüm. Logisches Denken und gesunder Menschenverstand - das seien seine Hauptarbeitsmittel gewesen, erzählt Alfred Weides. 18 Jahre lang hat der 75-jährige Kyllburger Kontrahenten an einen Tisch gebracht und Nachbarschaftsstreits aus dem Weg geräumt. "Man muss den Menschen plausibel machen, dass es nicht wert ist, ein Leben lang darüber zu streiten, ob die Hecken vielleicht zu nah am Zaun stehen", sagt Weides.
Günstiger und schneller


Weides ist eine von sieben Schiedspersonen im Schiedsamtsbezirk des Amtsgerichts Bitburg. Er hat als Beamter im technischen Dienst gearbeitet und war 30 Jahre lang in der Kommunalpolitik tätig. Er saß sowohl im Stadt- als auch im Rat der Verbandsgemeinde (VG) und war erster Beigeordneter der VG Kyllburg.
1994 hatte der VG-Rat Weides für das Ehrenamt vorgeschlagen, zunächst als Stellvertreter. Von da an war Weides Ansprechpartner bei Nachbarschaftsstreitigkeiten, die in den zivilrechtlichen Bereich gehören, oder bei strafrechtlichen Angelegenheiten wie Sachbeschädigung, Beleidigung oder Körperverletzung. Seine Erfolgsquote liegt bei rund 75 Prozent: Von insgesamt 30 Sühneverhandlungen, die er begleitet hat, waren 22 erfolgreich.
Schiedspersonen wie Weides haben die Aufgabe, eine Einigung, einen sogenannten Vergleich, herbeizuführen. Der sei "fast so verbindlich wie eine gerichtliche Entscheidung", sagt der Direktor des Amtsgerichts Bitburg, Helmut Mencher. Gelingt keine Einigung, stellen Schiedspersonen eine sogenannte Sühnebescheinigung aus. "Eine Klage vor Gericht kann erst nach einem erfolglosen Schlichtungsversuch eingereicht werden", erklärt Mencher. So schreibt es das Landesschlichtungsgesetz von 2008 vor. Ein Schlichtungsverfahren (siehe Extra) habe gegenüber dem Gerichtsweg viele Vorteile, sagt Mencher: "Es ist günstiger und geht schneller." Außerdem werde das Gericht entlastet und die Chancen für eine Einigung seien gut.
Beim Amtsgericht Bitburg hat es im vergangenen Jahr 17 Schlichtungsverfahren gegeben, davon waren von elf Strafsachen sechs erfolgreich, und von sechs Zivilsachen vier. Beim Amtsgericht Prüm hat es 15 Verfahren in Zivilsachen gegeben, davon waren vier erfolgreich. In Strafsachen gab es keine Schlichtungsverfahren.
Weides legt sein Amt als Schiedsmann aus gesundheitlichen Gründen nieder. Seinen Job übernimmt sein Stellvertreter.
Einen Job, für den es zwar starke Nerven braucht, aber der die Arbeit wert ist, denn Weides sagt: "Ich habe Menschen, die sich jahrelang wegen Kleinigkeiten nicht mehr auf der Straße gegrüßt haben, wieder zusammengebracht. Das macht mir Freude. Und es macht mich auch ein bisschen stolz." eibExtra

In einem Schiedsverfahren versucht die Schiedsperson mit den Streitenden den Sachverhalt zu klären. Dies ist bei kleineren Strafsachen wie Beleidigung oder einfache Körperverletzung möglich. In Zivilsachen mit einem Streitwert bis 750 Euro ist ein solcher vorgerichtlicher Einigungsversuch zwingend. Die Gebühren für ein Schlichtungsverfahren betragen höchstens 40 Euro und werden meist vom Antragsgegner übernommen. Manchmal teilen sich die Parteien auch die Kosten. Zuständig ist immer das Schiedsamt am Wohnsitz des Antragsgegners. eib

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