Rollende Werkstatt bleibt in der Garage

Prüm/Bitburg/Wiltingen/Trier · Um Schüler praktisch bei der Berufswahl zu helfen, besucht seit 2008 das Don-Bosco-Fördermobil aus Wiltingen die Prümer Astrid-Lindgren-Schule. Handwerksmeister arbeiten seitdem einmal im Monat mit Schülern zusammen, um ihnen in der Praxis ihre Talente und Interessen näher zu bringen. Damit ist nun aber wegen fehlender Mittel vorerst Schluss.

Prüm/Bitburg/Wiltingen/Trier. Zuerst ist die Begeisterung groß, wenn Jugendliche einen Ausbildungsplatz gefunden haben. Der Traumjob ist greifbar nah, doch nach wenigen Wochen kommt oft die Ernüchterung: Die vermeintliche Berufung gefällt doch nicht, und schon wirft der Azubi das Handtuch. Damit sich Jugendliche bei der Berufswahl nicht verrennen, besuchen Handwerksmeister seit 2008 mit dem Don-Bosco-Fördermobil - einer rollenden Werkstatt - vier Schulen im Großraum Trier.
Verborgene Talente


Unter ihnen ist auch die Astrid-Lindgren-Förderschule in Prüm. Ein Schuljahr lang können sich Jugendliche bei dem Angebot monatlich in unterschiedlichen Handwerksberufen üben - manche entdecken verborgene Talente (siehe Extra), andere erkennen, was sie definitiv nicht können. Das Fördermobil ist bei Schülern, Eltern und Lehrern beliebt, doch ab Juli ist vorerst Schluss - der Wagen bleibt in der Garage.
"Bisher wurde das Fördermobil je zur Hälfte aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und durch die Agentur für Arbeit finanziert. Die Förderung der Agentur steht aber jetzt nicht mehr zur Verfügung", sagt Guido Kirsch, Leiter der Astrid-Lindgren-Schule. In der Abteistadt hat sich Kirsch mit den Kollegen der teilnehmenden Bitburger Maximin-Schule, der bischöflichen Förderschule Trier und der Wiltinger Don-Bosco-Förderschule und -Jugendhilfe getroffen, um Bilanz zu ziehen. Auch mit dabei: Joachim Wagner, zuständiger Teamleiter der Trierer Agentur für Arbeit.
Monatlich macht das Fördermobil seit 2008 für eine Woche Halt in einer der Partnerschulen. Mitarbeiter der Don-Bosco-Jugendhilfe Helenenberg entwickeln dort mit bis zu 13 Schülern Ideen, die dann gemeinsam umgesetzt werden.
"Wir haben zum Beispiel Insektenhotels hergestellt. Eins hängt sogar in St. Vith", berichtet der Neuntklässler Kevin-Hagen Kunkel. Ihm habe der Besuch des Fördermobils sehr viel Spaß gemacht, auch wenn er noch nicht sicher sei, welchen Beruf er ergreifen möchte. "Aber das gehört ja auch dazu", sagt Kirsch. Das Fördermobil solle eben auch dabei helfen, Talente zu erkennen oder gegebenenfalls zu merken, dass man zwei linke Hände hat.
Gut sei das Beispiel eines Schülers, der sich vor einiger Zeit nach dem Aufräumen des Werkraums in den Kopf gesetzt habe, er wolle unbedingt Lagerist werden, berichtet Kirsch. "Daraus entwickelte sich ein Praktikum bei der Bitburger Brauerei - nach dem Praktikum stand eins fest: Er wollte nicht mehr Lagerist werden." Wäre das Fördermobil nicht gewesen, hätte der Schüler das womöglich erst in der Ausbildung bemerkt. Dass das Fördermobil vorerst nicht mehr von Schule zu Schule reise, sei ausgesprochen bedauerlich, sagt Wagner. Er betont, dass die auslaufende Förderung ausschließlich organisatorische Gründe habe und nicht der Qualität des Projekts geschuldet sei: "Wir haben ein großes Interesse, dass das Fördermobil so schnell wie möglich wieder losfährt. Weil aber die Landesförderungen umstrukturiert wurden, steht bei uns gerade einfach kein Geld zur Verfügung - ob wir wollen oder nicht, wir müssen erstmal aussteigen." Darüber, dass das Angebot nicht sinnvoll sei, diskutiere wohlgemerkt niemand.
403 Schüler


Der Erfolg stehe außer Frage. "Es gibt viele Schulen, die gerne mit eingestiegen wären, die Kapazitäten reichten aber nicht aus", sagt Wolfgang Marx, Projektleiter der Don-Bosco-Jugendhilfe. Umso verwunderlicher sei, dass das Programm bisher nicht kopiert wurde. "403 Schüler konnten wir zum passenden Beruf führen", sagt er. Wie viele Jugendliche wiederum von einem falschen Berufswunsch abgebracht wurden, kann kaum erhoben werden.
Weil einfach die Mittel fehlten, müsse man die Sache nun erstmal auslaufen lassen, sagt Marx. "Pro Jahr kostet das Fördermobil 120 000 Euro. Die Schulen müssen nur die Materialkosten aufbringen. Ohne die Agenturmittel geht es leider nicht weiter." Kirsch betont, dass dies hoffentlich nicht das endgültige Aus für das Fördermobil bedeute. Dazu Marx: "Wir prüfen gerade mehrere Fördermöglichkeiten. Geht alles gut, könnten wir im Oktober in ein neues Programm kommen - das hieße im Idealfall, dass ab Januar das Mobil wieder losfahren könnte."Extra

Das Don Bosco Fördermobil ging erstmals 2008 auf Tour. Ziel: Förderschüler mit dem Schwerpunkt Lernen in Arbeitsprojekten ihre Stärken herausfinden zu lassen, ihnen mit der handwerklichen Arbeit berufliche Orientierung zu bieten und sie praktisch auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorzubereiten. Das Fördermobil wurde bisher im Rahmen der Berufsorientierung durch die Arbeitsagentur und mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds unterstützt. Das Programm läuft Ende Juli aus. aff

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