Tapetenwechsel in der Praxis

Notstand beendet: In Bleialf hat mit Albrecht Brassat neben Horst Klein ein zweiter Arzt seine Arbeit aufgenommen. Der 64-Jährige möchte die nächsten acht bis zehn Jahre die Patienten versorgen.

 Mit Dr. Albrecht Brassat ist in Bleialf wieder ein zweiter Arzt im Dienst. TV-Foto: Stefanie Glandien

Mit Dr. Albrecht Brassat ist in Bleialf wieder ein zweiter Arzt im Dienst. TV-Foto: Stefanie Glandien

Bleialf. Der Ärztenotstand in Bleialf (der TV berichtete) hat zunächst ein Ende: Mit Dr. Albrecht Brassat gibt es neben Dr. Horst Klein wieder einen zweiten Arzt in der Schneifelgemeinde. Darüber freut sich unter anderem Ortsbürgermeisterin Edith Baur, die sich sehr darum bemüht hat, schnell einen Ersatz für Dr. Jürgen Graf zu finden. Dem dankte sie nachträglich für seinen jahrelangen Einsatz."Die Ortsgemeinde Bleialf und alle 15 Ortsbürgermeister im Versorgungsgebiet Bleialf und Umgebung danken Horst Klein und dem Praxisteam dafür, dass sie acht Monate lang das Boot über Wasser gehalten haben. Jetzt freuen wir uns, dass Albrecht Brassat die Versorgung der kranken Menschen mit sicherstellt und Hausbesuche wieder möglich sind", sagt sie. Die Ortsbürgermeister wollen aber weiterhin daran arbeiten, dass das Problem des Ärztemangels auch politisch ein Thema bleiben muss.

"Wir sind erleichtert. Gut, dass es vorbei ist", sagt Horst Klein, der von Januar bis September auf sich alleine gestellt war. Nun sehe er positiv in die Zukunft. Mit seinem neuen Kollegen habe er auch schon gesprochen.

Statt Lehrer doch lieber Mediziner

Der neue Doktor hat die Praxis bereits geöffnet. Geboren wurde er in Coswig bei Dessau/Magdeburg, studierte aber in Köln Geografie und Biologie auf Lehramt, bevor er sich in Freiburg der Medizin zuwandte. Der Allgemeinarzt ist auch Sport- und Notfallmediziner und fuhr 20 Jahre lang Notarztwagen. Zuletzt hatte er neun Jahre lang eine Landarztpraxis in der Oberpfalz.

Über den Ärztenotstand wurde der 64-Jährige durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) aufmerksam. Eigentlich habe er sich nach einer Praxis im Hunsrück umgesehen, da er dort auch ein Häuschen hat. Doch dort war kein dringender Bedarf. Die KV habe ihm dann von Bleialf erzählt. "Daraufhin habe ich mir die Praxis in Bleialf angesehen. Mir gefiel es hier sehr gut, und ich möchte die nächsten acht bis zehn Jahre hier arbeiten", sagt er. Es habe ihn gereizt, dorthin zu gehen, wo jemand gebraucht würde. Das Engagement der Ortsbürgermeisterin findet er bewundernswert. "Die Frau ist topfit", sagt er anerkennend.

Ob er sich mit 64 Jahren nicht schon ausgebrannt fühle, wollen wir von ihm wissen. "Der Beruf brennt nicht aus. Wenn ich wieder auf die Welt komme, werde ich wieder Arzt", sagt er. Überbürokratisierung und Unkollegialität sei das, was einen zermürbe.

Neue Praxis mit bewährtem Team

Die Praxis von ehemals Dr. Graf hat Brassat nicht viel verändert. Andere Tapeten, anderer Anstrich, andere Bilder ändern die Optik, ansonsten hat er zum Teil das Praxisteam übernommen und auch die Geräte, die "technisch auf dem modernsten Stand" seien. Was ihn antreibt, ist, eine ehrliche und menschliche Schulmedizin zu betreiben. Dabei bezieht er die Homöopathie und pflanzliche Medikamente mit ein.

Privat ist Brassat kein Typ für Großveranstaltungen. Er liebt die Ruhe am Wochenende. Neben Tennisspielen und Wandern, mag er klassische Musik und Kunst sowie gute Gespräche. Sehr bewusst gut zu leben, ist seine Maxime. Darunter versteht er zum Beispiel, auf der Marienburg bei Zell an der Mosel mit Blick auf die Moselschleife und einem guten Glas Wein in der Hand zu sitzen.

Meinung

Ärztemangel bleibt ein Thema

Die Patienten in und um Bleialf können aufatmen: Ein neuer Arzt füllt die Lücke, die Dr. Jürgen Graf hinterlassen hat. Damit ist der Ärztenotstand in der Eifel jedoch nicht beendet. Im Gegenteil. Er fängt gerade erst an, auch wenn das in Mainz anders gesehen wird. Dort wird behauptet, die Eifel sei optimal versorgt. Das wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Die jungen Ärzte in der Eifel sind rar, und auch der neue Arzt in Bleialf ist mit 64 Jahren, Verzeihung, nicht mehr der Jüngste. Hut ab, dass er sich trotzdem dieser neuen Herausforderung stellt. Ortsbürgermeisterin Edith Baur möchte weiter dafür sorgen, dass das Problem des Ärztemangels politisch ein Thema bleibt. Von ihrem Engagement könnte sich manch ein Politiker in höheren Gremien eine Scheibe abschneiden. Man kann sich an den Fingern abzählen, wann die nächsten Ärzte in den Ruhestand gehen. Laut Kassenärztlicher Vereinigung geht die Zahl der niedergelassenen Ärzte in den nächsten acht Jahren um über 1000 zurück. Immer nur notfallartig Löcher zu stopfen, kann nicht die Politik der Zukunft sein und ist nicht im Sinne der Patienten.

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