Volle Kalender und Zeiten der Stille

Bitburg-Land · Rund 750 Mal haben die 51 Gemeinderäte in Bitburg-Land seit ihren konstituierenden Sitzungen im Sommer 2009 bislang offiziell getagt. Blickt man auf die einzelnen Gemeinden, so zeigen sich extreme Unterschiede. In Gemeinden wie Hisel oder Hütterscheid gab es in den vergangenen viereinhalb Jahren insgesamt jeweils nur neun Sitzungen. In Dudeldorf war es mehr als das Vierfache.

 In Deutschlands viertkleinster Gemeinde Hisel leben 14 Menschen. Davon sind fünf im Gemeinderat. TV-Foto: Uwe Hentschel

In Deutschlands viertkleinster Gemeinde Hisel leben 14 Menschen. Davon sind fünf im Gemeinderat. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg-Land. Wenn es in Hisel ein Geheimnis gibt, dann weiß fast das halbe Dorf Bescheid. Von den 14 Menschen, die dort laut Einwohnermeldeamt leben, sind nämlich fünf im Gemeinderat. Das Wissen aus nichtöffentlichen Sitzungen verleiht einem in Hisel deswegen auch nicht unbedingt einen Sonderstatus innerhalb der Gemeinde. Zumal die Menge der Sitzungen überschaubar ist. Seit sich der derzeitige Gemeinderat im Juli 2009 zum ersten Mal getroffen hat, gab es in Hisel insgesamt acht Sitzungen.
Arbeitstreffen statt Sitzung


Manchmal waren es zwei pro Jahr, manchmal auch weniger. "Wenn nichts vorliegt, dann reicht auch eine Sitzung im Jahr", sagt Hisels Ortsbürgermeister Werner Jüngels. Und gäbe es nicht jedes Jahr einen Haushalt zu verabschieden, dann käme man in der viertkleinsten Gemeinde Deutschlands vielleicht sogar mit noch weniger aus. Oder anders formuliert: Wer sich aus Gründen der Geselligkeit kommunalpolitisch engagieren möchte, ist in Hisel fehl am Platz.
Ganz anders in Dudeldorf. Dort hat der Rat seit Juli 2009 bereits 38 Mal getagt. So oft wie sonst nirgendwo in Bitburg-Land. Fairerweise muss an dieser Stelle jedoch erwähnt werden, dass Dudeldorf mit seinen 1167 Einwohnern auch deutlich größer ist als Hisel. "Wir treffen uns alle sechs bis acht Wochen", sagt Dudeldorfs Ortsbürgermeister Reinhard Becker, doch sei der Grund dafür nicht etwa ein extrem ausgeprägtes Diskussionsbedürfnis in seiner Gemeinde.
Vielmehr hänge die hohe Zahl der Ratsitzungen damit zusammen, dass man auf vorbereitende oder ergänzende und zudem nichtöffentliche Arbeitssitzungen (siehe Extra) weitgehend verzichte. "Was sollen wir mit Arbeitssitzungen, wenn wir dabei ohnehin nichts beschließen können", sagt Becker mit Blick auf Beschlüsse, die dann in öffentlichen Sitzungen wiederholt werden müssten.
In Rittersdorf, dem mit rund 1521 Einwohnern größten Ort der VG Bitburg-Land, sieht man das anders. Dort gab es im gleichen Zeitraum lediglich 20 öffentliche Gemeinderatsitzungen. Über zu wenig Beschäftigung kann der dortige Ortsbürgermeister aber nicht klagen. "Wir haben im Jahr rund zehn Arbeitssitzungen", sagt Walter Heyen. Deshalb komme man in Rittersdorf meistens mit einer Sitzung pro Quartal aus.
"Wenn kurz nach einer Gemeinderatssitzung ein Bauantrag mit einer Frist eingereicht wird, müssen wir zügig reagieren", sagt Heyen. Statt deshalb wieder eine Gemeinderatssitzung einzuberufen, bevorzuge er Arbeitstreffen. Zumal es dabei oft ohnehin um nichtöffentliche Angelegenheiten gehe.
Arbeitstreffen jenseits der Öffentlichkeit gibt es auch in Oberweiler. Darüber hinaus aber auch viele Gemeinderatssitzungen. Mit 22 Sitzungen seit Juli 2009 liegt Oberweiler hinter Dudeldorf und Rittersdorf an dritter Stelle. Und das obwohl Oberweiler mit seinen 159 Bürgern deutlich weniger Einwohner hat als Rittersdorf. "Wir versuchen, uns mindestens ein Mal pro Quartal zu treffen", sagt Ortsbürgermeister Nico Steinbach. Selbst wenn die Tagesordnung dabei überschaubar bleibe. Ähnlich wie Becker bevorzugt auch Steinbach die Oft-aber-kurz-und-schmerzlos-Variante: "Lieber eine kurze Sitzung mehr, als wenige Mammutsitzungen mit vielen Tagesordnungspunkten."
Extra

Laut Verwaltung gibt es keine Vorgaben, was die Notwenigkeit, Häufigkeit und Gestaltung von Arbeitssitzungen betrifft. Zu herkömmlichen Gemeinderatssitzungen unterscheiden sie sich aber - abgesehen vom nichtöffentlichen Charakter - darin, dass dabei in der Regel kein Vertreter der Verwaltung (zum Protokollieren) anwesend und im Vorfeld auch keine öffentliche Ankündigung erforderlich ist. uhe

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