Wenn ohne Alkohol nichts mehr geht

Bitburg · Der Kreuzbund Bitburg-Prüm lädt anlässlich der vierten bundesweiten Aktionswoche Alkohol zu einem Tag der offenen Tür in seine Räume in die Gartenstraße 6 nach Bitburg ein. Der TV hat vorab mit Peter Dahm, Vorsitzender des Kreuzbunds Bitburg-Prüm, und mit dem Ehrenvorsitzenden Bernhard Wendels gesprochen.

Bitburg. Peter Dahm ist ein trockener Alkoholiker. Über seine Krankheit spricht der erste Vorsitzende des Kreuzbunds Bitburg-Prüm heute ganz offen. "Diese Krankheit zu haben, ist keine Schande. Nichts dagegen zu unternehmen - das ist eine Schande", sagt er. Doch bis Dahm erkannte, dass er Hilfe braucht, hat es lange gedauert.
Angefangen hat seine Alkoholsucht bereits im Alter von 15 Jahren. "Ich habe im Verein Fußball gespielt. Haben wir gewonnen, haben wir getrunken. Haben wir verloren, haben wir auch getrunken", sagt er. Auch innerhalb seines Freundeskreises wurde viel Alkohol konsumiert. Als seine Ehe zerbricht, schraubt er seinen Konsum noch höher. 2002 verliert er zum ersten Mal seinen Führerschein. "Ich habe am Tag ein bis zwei Flaschen Wein getrunken. Doch nicht der Konsum ist entscheidend, sondern die Abhängigkeit vom Suchtstoff", sagt der 54-Jährige. Der Alkohol habe ihn lockerer gemacht. Er sei ein schüchterner Typ gewesen - besonders Frauen gegenüber. Mit Alkohol hat er sich sicherer gefühlt.
2007 verliert er zum zweiten Mal den Führerschein - und seinen Job gleich dazu. Ihm wird klar, dass es so nicht weitergehen kann. Er geht zum Hausarzt und sucht Hilfe. Dieser rät ihm, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen. Dahm entscheidet sich für den Kreuzbund.
Dort lernt er Bernhard Wendels kennen. Der 76-jährige ehemalige Lehrer hat den Kreuzbund in der Region Westeifel 1982 neu ins Leben gerufen. Seitdem haben sich insgesamt zehn Selbsthilfegruppen in Bitburg und Prüm gebildet.
"Beim Kreuzbund habe ich erst erkannt, dass ich suchtkrank bin", sagt Dahm. "Das Erste, was wir den Leuten sagen, ist, dass keiner sie heilen kann, nur sie sich selbst", sagt Wendels.
Die Geschichte von Peter Dahm nimmt ein glückliches Ende. Nachdem er durch seine Sucht Führerschein, Job und Familie verlor, hat er konsequent dem Alkohol abgeschworen.
Zurück in den Job


Sein ehemaliger Chef rief ihn regelmäßig an, um zu hören, wie es ihm gehe. "Als ich ein dreiviertel Jahr trocken blieb, hat er mich wieder eingestellt", sagt Dahm. Heute sagt er voller Überzeugung: "Die letzten sechs Jahre waren die besten meines Lebens."
Doch wie erkennt man, dass man alkoholabhängig ist? "Wenn der Alkohol eingesetzt wird, um etwas zu erreichen, was ich ohne Alkohol nicht fertigbringe, dann bin ich abhängig", definiert Wendels. Alkoholabhängige gibt es in allen Schichten, beobachtet er. Leider werden es eher mehr als weniger. "Die Leute, die zu uns kommen, werden immer jünger", sagt Dahm. Aber auch viele Rentner sind dabei. "Die Leute hören auf zu arbeiten und wissen nicht, was sie tun sollen und trinken aus Langeweile."
Der Kreuzbund Bitburg-Prüm hat 98 Mitglieder. Es gibt zehn Gesprächskreise, einen Frauengesprächskreis und eine Infogruppe. Die Infogruppe ist die erste Anlaufstelle für Hilfesuchende. Leiter der Gruppe ist Wilfried Kreutz, Telefon 0160/95136416.
Die Aktionswoche Alkohol findet vom 25. Mai bis 2. Juni zum vierten Mal statt. Ziel ist es, das Motto "Alkohol? Weniger ist besser!" in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Kreuzbund Bitburg-Prüm, Gartenstraße 6, lädt am Sonntag, 26. Mai, zu einem Tag der offenen Tür ein. Um 10 Uhr ist ein Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Peter in Bitburg. Neben dem Kreuzbund beraten auch andere Organisationen im Eifelkreis Suchtkranke, wie zum Beispiel die Anonymen Alkoholiker in Bitburg oder die Suchtkrankenhilfe Südeifel in Irrel.Extra

In Deutschland trinken 96,4 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 64 Jahren Alkohol. Alkoholabhängig sind rund 1,3 Millionen Menschen in Deutschland. Alkoholabhängigkeit ist eine anerkannte Krankheit. Schätzungen belaufen sich auf jährlich etwa 74 000 Todesfälle, die durch Alkoholkonsum verursacht werden. Die Dunkelziffer ist hoch. Deshalb ist es schwierig festzustellen, wie viele abhängige Menschen es im Eifelkreis Bitburg-Prüm gibt. Anhaltspunkte finden sich bei einem Blick in die Unfall- und Krankenhausstatistik. So hat es im Jahr 2012 auf Kreisebene insgesamt 65 Verkehrsunfälle unter Alkoholeinwirkung gegeben. Dabei wurden 13 Menschen schwer, 16 Menschen leicht verletzt und ein Mensch getötet. Im Jahr 2011 mussten in den Krankenhäusern im Eifelkreis Bitburg-Prüm insgesamt 369 Menschen alkoholbedingt behandelt werden. 17 starben infolge ihres Alkoholkonsums. In Rheinland-Pfalz gab es im vergangenen Jahr insgesamt 4738 Personen, die betrunken eine Straftat im Straßenverkehr begangen haben und dafür verurteilt wurden. sn Quellen: aktionswoche-alkohol.de/Statistisches Landesamt

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