Das Saarland als Eichmaß für Naturkatastrophen

Bernkastel-Kues · Alice Hoffmann schlüpft in ihrem neuen Programm "Denk emol" in die Rolle der Vanessa Backes, die nach vielen Jahren Ehe ihren Mann verlassen hat. Sie macht sich pointiert und humorvoll ihre Gedanken über das Leben, die Liebe und das Saarland. Die 250 Besucher fanden das großartig - auch den Strip zum Abschluss.

Bernkastel-Kues. Großen Schnickschnack oder gar ein opulentes Bühnenbild braucht Alice Hoffmann für ihr Programm nicht. Eine hörbare Klospülung ist bei ihr der Startschuss für den Abend. Doch keine Angst: Das Niveau, das auf die Besucher zukommt, ist höher, als diese ersten Töne vermuten lassen.
Zunächst gibt es den obligatorischen Saarländisch-Sprachkurs: Das "au" wird zum "a" oder "u", also heißt es nicht "Frau", sondern "Fra" und nicht "drauf", sondern "druff". Dann macht sie sich Gedanken über die Nachbarschaftsverhältnisse des Saarlands, besonders über das Verhältnis zu den Pfälzern, mit denen man sich früher als Saarländer gar nicht hätte unterhalten dürfen. "Unvorstellbar wäre das gewesen, sich in einen Pälzer zu verlieben - so wie einen Nicht-Katholischen zu heiraten", erklärt sie.
In ihre Anekdoten und Geschichten fließt immer wieder feine, spitzer Humor. Auch leise, gesellschaftskritische Töne schlägt sie an - etwa, wenn sie anmerkt, dass "wenn der Klügere immer nachgibt, dann wird die Welt ja von Dummschwätzern beherrscht."
Es folgt nicht Schlag auf Schlag eine Pointe auf die andere, stattdessen lässt Hoffmann sich Zeit, macht sprachliche Pausen, um einen Gedanken ausreifen zu lassen und dann den Effekt auf den Punkt zu setzen. Sie hat einiges an Alltäglichem im Programm, über das sie erst jetzt nachdenkt - jetzt, wo sie keinen Mann mehr und genug Zeit hat. "Es gibt Menschen, von denen man schon geglaubt hat, sie wären gestorben, dabei haben sie nur geheiratet", stellt sie fest.
Natürlich zieht sich das Saarland als roter Faden durch den ganzen Abend. Schade findet Hoffmann, dass ihr Heimatbundesland in den Nachrichten kaum vorkommt. Vanessa Backes regt sich darüber sehr auf: "Die Landkarte hört doch da schon bei Frankfurt auf. Wenn das Saarland erwähnt wird, dann nur, wenn es in den USA einen Waldbrand gab. Dann heißt es: ‚Eine Fläche in der Größe des Saarlands ist betroffen.‘ Wir sind sozusagen das Eichmaß für großflächige Katastrophen."
Saarländisches Königshaus


Für das größtenteils weibliche Publikum gibt sie auch eine eigene, saarländische Interpretation der britischen Königsfamilie zum Besten. Lauthals müssen die Besucher loslachen, wenn Hoffmann wortakrobatisch von "dem Di" (Lady Diana) und "dem Do" (Dodi Lafayette) und "dem Scharles" (Prinz Charles) erzählt. Königin Elisabeth II. nennt sie nur "das Lisbett". Um diese zu karikieren, reicht ein huldvolles, sparsames Drehen des Handgelenks.
Abschluss des Programms ist ein peppiger Striptease, bei dem sich Vanessa Backes effektvoll und mit Spagat in Alice Hoffmann zurückverwandelt. chb

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