Unterm Strich - Die Kulturwoche

Frankfurt ist nicht nur die Stadt des Geldes (ganzjährig), sondern, zumindest eine Woche lang, auch die der Wörter. Abermill- oder sogar -trilliarden machen derzeit in der Mainstadt Station, rechnet man den Inhalt der Printwerke zusammen, die in den Messehallen ausgestellt sind.

Tausende davon dürften überflüssig, teils auch "verhasst" sein, wie Dirk Hülstrunk erläutert. Der Frankfurter Performance-Künstler sammelt bei der Buchmesse Wörter ein, welche die Besucher "am liebsten aus der deutschen Sprache verbannt sähen". Dazu gehört "eigentlich", ein bei näherer Betrachtung absolut überflüssiger Begriff, der aber so schön zeilenfüllend ist und in seiner Schwammigkeit schwerlich zu überbieten. Den "Jargon der Eigentlichkeit" geißelte schon 1964 Theodor W. Adorno in seinem gleichnamigen Werk, womit er, ganz knapp gefasst, die "realen Bedeutungs- und Sinnverluste, die das Individuum in der verwalteten Welt hinnehmen müsse", kritisiert. Ganz schön viel Philosophie für einen Freitagmorgen. Zurück daher zu den Wörtern, die Dirk Hülstrunk mit Hilfe der Messebesucher in seinem "Büro für überflüssige Wörter" entsorgt hat. Etwa das flapsige "Hallo" und das Adverb "durchaus". Eine Besucherin stört sich am intellektuell bemühten "konnotiert", ein Künstler hasst nicht nur das Wort, sondern auch das Faktum, das es beschreibt: "Gentrifizierung". Der "Bundesdurchschnittskostensatz" liegt ebenfalls im Abfall - neben dem "Konsolidierungsbeitrag". Für jedes abgegebene Wort erhält der Geber übrigens eine Karteikarte. Darauf steht etwa "Flitapof" oder "foginänik" - was, wie Hülstrunk versichert, genauso aussagekräftig sei wie Gentrifizierung oder konnotiert. Sogar für die Gesinnungsgenossen am extremen rechten Rand, wo der schon ziemlich braun ist, hat der Künstler was im Kasten. Es klingt ein bisschen komplizierter als "völkisch", ist aber linguistisch nicht so verpestet: "jizötisumidan". no/dpa

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