Der Perfektionist und die faulen Säcke

Trier · Nach zwei Jahren in Studio und Proberaum präsentiert die Trierer Band My First Robot am Freitag ihr Debüt-Album "Earth Calls" im Casino am Kornmarkt. Finanziert wurde die Produktion von Kleininvestoren, die das Quartett über eine Internetplattform anwarb.

Trier. Es rappelt im Schuhkarton. Der Probenraum im Trier-Norder Bunker ist drei Meter breit, 2,50 Meter hoch, sechs Meter lang. Und gefüllt mit gefühlten zehn Zentnern Boxen. Die Tieftöner föhnen in Bodenhöhe derart, dass der Hosensaum vibriert. Man sollte weder Klaustrophobiker noch Besitzer empfindlicher Gehörgänge sein, wenn man bei My First Robot spielt.
"Elektro-Rock" nennt der Vierer seine Musik - und ist ein bisschen stolz darauf, keine "so wie …"-Band zu sein. Tatsächlich ist es schwer, eine Schublade zu finden, in die sich MFR packen lässt. Mal lässt Sänger Jimmy Feichtner eine fast radiotaugliche Ballade wie "December" vom Stapel, mal verliert sich Keyboarder Ivan Beres in filigranen Synthesizer-Gefilden beim Titelsong "Earth Calls", mal lassen es Bassist Christian Kremer und Drummer Stefan Feichtner so richtig krachen. Für fröhliche Improvisation bleibt freilich wenig Raum, ein knallharter Basic-Sound erzwingt echte Präzisionsarbeit. Irgendwoher muss der Name Elektro-Rock ja kommen.
Vor allem Beres ist ein detailbesessener Klangtüftler, wirkt selten zufrieden. Ein Perfektionist? "Quatsch", grinst er, "die anderen sind nur faule Säcke". Der Ungar ist Gründervater von My First Robot. Vor zwei Jahren kam der Nine-Inch-Nails-Fan als IT-Spezialist zur EU nach Luxemburg, landete wohnsitzmäßig aus unerfindlichen Gründen in Trier-Nord - und gab, kaum angesiedelt, eine Kleinanzeige auf, in der er Mitspieler für eine Band suchte.
Seither hat das Quartett hart gearbeitet. Ab und zu gab es Auslauf auf der Bühne, unter anderem als Support für Manfred Mann\'s Earthband. 1000 Zuschauer, ordentliches Nervenflattern. In Thüringen hat man gespielt, wenig in Trier, dafür in Ungarn. Das lag nahe, nahm die Band doch in Budapest im August ihr Album auf. Aktiv-Urlaub für die Musiker.
Dass "Earth Calls" zustande gekommen ist, gehört zu den Wundern der neuen sozialen Netzwerke. Denn die 5000 Euro Produktionskosten hat die Band über die Internetplattform Sellaband aufgetrieben, die Kleinanleger und geldsuchende Künstler unter die Haube bringt. "Hätten wir gewusst, was da alles auf uns zukommt …", sagt Stefan Feichtner, ohne den Satz zu Ende zu bringen. Jetzt, da die CD aus dem Presswerk kommt, herrscht aber erst einmal Erleichterung.
Auf zu neuen Welten? Na ja. Mit 30 sehen die Herren das gelassen. Den Job in der IT oder bei der Zeitung will keiner aufgeben. Eine kleine Tournee, ein zweites Album: Die Hoffnungen sind bescheiden. Nur Ivan redet von Professionalierung, weiß aber auch: "Das ist heute fast unmöglich." Selbst für Perfektionisten.Extra

Release-Konzert am 4. November, 20 Uhr, Casino Kornmarkt. Gäste: KomputerKomputer aus Trier (mit Jimi Berlin) und Orange Audible Desaster aus Saarbrücken. Karten: TV-Service-Center Trier, Bitburg und Wittlich und an der Abendkasse. Infos und Ausschnitte aus dem neuen Album auf myfirstrobot.net oder via facebook.com/myfirstrobot

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