Und plötzlich hatte der Rocker den Blues

Er stand in den 80ern für glaubwürdigen und schnörkellosen britischen Hardrock, in den 90ern hatte er plötzlich den Blues, und heute ist er älter und breiter als zu Thin-Lizzy-Zeiten. Dennoch ist Gary Moore immer noch einer der besten europäischen Gitarristen.

 Noch mehr Blues geht kaum: Gary Moore ist immer noch ein Meister der Saiten. TV-Foto: Hans Krämer

Noch mehr Blues geht kaum: Gary Moore ist immer noch ein Meister der Saiten. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. Gary Moore - ein Name für die ewige Ruhmeshalle der etwas lauteren Musik. Er spielte in den 70ern zusammen mit Phil Lynott bei Thin Lizzy und gehört damit zu den Urvätern des gitarrenlastigen Hardrock. In den 80ern, der Sternstunde des unerträglichen Computerpop-Gedudel, schrie er Wut und Schmerz seiner Heimat Nordirland auf harten und geradlinigen Alben wie "Run for Cover" (1985) und "After the War" (1989) heraus und zeigte dabei eine Virtuosität an der Gitarre, die kein Zweiter erreichte.

Danach lies der irische Rocker die harten Töne sein und wurde zum Gemütsmenschen. Mit "Still got the Blues" (1990) verdiente er sich endgültig dumm und dämlich und löste außerdem noch einen neuen Blues-Boom aus. Welchen Gary Moore konnten die 600 Fans zwischen 30 und 50 in der Trier er Europahalle erwarten? Den Rocker? Den Mann mit dem Blues? Moore ist mittlerweile 57 und in die Breite gegangen. Eine Schönheit war er noch nie, und ein großer Kommunikator auch nicht. Gespräche mit dem Publikum finden nicht statt. Nehmt, was ich euch biete, oder lasst es sein!

Gary Moore in der Version 2009 fordert Geduld von seinem Publikum, das in Trier recht lange brauchte, um sich auf das Akustik-Gewitter einzulassen. Geduld mit der irrsinnigen Länge seiner Soli und der Art, mit der er sich selbst auf der Bühne feiert inklusive ekstatisch-verzerrtem Gesichtsausdruck. Nachsicht mit seiner Songauswahl - er spielt weder seine alten Kracher aus den 80ern noch seinen kommerziell erfolgreichsten Titel "Still got the Blues", was aber an einem noch laufenden Plagiats-Prozess liegen kann. Doch Gary Moore fordert nicht nur. Er gibt auch viel. Sobald er eine Gitarre in die Hand nimmt, erwacht die Ehrfurcht vor diesem wahren Meister der Saiten, dessen Genialität auch in den Bluesrock-Stücken seines aktuellen Albums "Bad for you Baby" klar erkennbar ist. Immerhin: Seine letzte Zugabe war "Parisienne Walkways" (1978) - hymnischer Blues auf einer Gibson Les Paul und ein schöner Abschluss des Abends mit einem der großen alten Herren des Rock.

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