Die Schublade bleibt zu

BERNKASTEL-KUES. Zu viele Organisationen arbeiten in Bernkastel-Kues im Tourismusbereich. Das führt zu Abstimmungsproblemen und Reibungsverlusten. Bisher hat aber niemand den Mut aufgebracht, dies zu ändern.

Seit Jahren wird in der Stadt Bernkastel-Kues und in der Verbandsgemeinde über eine Neukonzeption der touristischen Organisationen (Mosel-Gäste-Zentrum, Mittelmosel-Touristik, Kultur & Kur GmbH, eventuell auch Mosellandtouristik) diskutiert. Dass etwas passieren muss, steht außer Frage. Doch offensichtlich ist das Eisen so heiß, dass es niemand anpackt. Ein teures Tourismus-Gutachten verschwand 1996 in der Schublade, die Anregungen des Stadtmarketing-Experten Christian Klotz fielen 1999 zwar auf fruchtbaren Boden, versandeten aber, weil ihnen keinerlei Nährstoffe zugeführt wurden. Nun soll ein neuer Anlauf gestartet werden. "Aber kein 150-seitiges Gutachten, das in der Schublade landet", stellte Stadtbürgermeister Wolfgang Port in der Sitzung des Stadtrates fest. Stattdessen soll ein Unternehmensberater der Freizeit- und Tourismusberatung GmbH Köln (IFT) die Leistungsträger und die politisch Verantwortlichen quasi an der Hand nehmen und mit ihnen ein Konzept für eine Neustrukturierung auf dem touristischen Markt und im Kurbereich entwickeln. Moderationsverfahren heißt so etwas. "Bisher haben wir uns nur im eigenen Saft gedreht. Wenn wir etwas sagen, ist es persönliche Meinung", erläuterte Port. Ein klares Eingeständnis von Kirchturmdenken also. Er wisse, dass eine solche Vorgehensweise Kritik hervorbringe. Es sei auch nicht sicher, ob ein Moderationsverfahren zum Erfolg führe. "Schließlich haben sich manche Strukturen festgefahren", gibt das Stadtoberhaupt zu. Aber der Tourismus sei in einer Stadt mit 800 000 Übernachtungen und einer Million Tagesgästen so wichtig, dass dieser Versuch gewagt werden sollte. Die Kosten für eine Moderation werden sich, so Port, auf etwa 20 000 Euro belaufen. Da die Verbandsgemeinde darüber nachdenkt sich zu beteiligen, könne sich der Anteil der Stadt aber verringern. "Wir sollten konkrete Fragen definieren und uns ein Angebot machen lassen", regte Robert Wies (FDP) an. Dies wird auch so umgesetzt. Bernd Gelz (SPD) meldete grundsätzliche Bedenken an. "Ich habe schon viele Gutachten gelesen, aber noch nie ist eines umgesetzt worden", sagte er. Die Hälfte des Geldes werde für bereits vorliegende Informationen ausgegeben, die andere Hälfte für Vorschläge, die der Rat bereits kenne, aber nicht umsetze. "Die Aufgabenverteilung könnten wir selbst in die Hand nehmen", glaubt er. Gelz sprach in dem Zusammenhang von "Feigheit". Den Gremien habe bisher immer nur der Mut gefehlt, sagte Ernst Schreiner (CDU). "Es fehlt einer, der einen an die Hand nimmt", erläuterte Karin Oster (CDU). Was der Unternehmensberater vorhabe, "hat Hand und Fuß", sagte Gertrud Weydert (Grüne). "Wir wissen, was wir wollen, kennen aber den Weg nicht. Mit dem kommen wir aber aus dem Loch", glaubt sie. Auch Sylvia Westermann (Mosel-Gäste-Zentrum) befürwortet den Einsatz eines Moderators. "Bisher gibt es zu viele Eigeninteressen", beklagt sie.

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