Düstere Visionen in der Synagoge

Die szenische Lesung "Fahrenheit 451" mit vier Schauspielern unter der Regie von Kristoffer Keudel war ein beeindruckendes Hörerlebnis. Die Aufführung des Science-Fiction-Hörspiels in der Wittlicher Synagoge verfolgten allerdings nur 14 Zuschauer.

 „Fahrenheit 451“ in der Wittlicher Synagoge: Die Schauspieler Guido Thurk, Julia Gutjahr, Vesna Buljevic und Andreas Bühring führen ein eindrucksvolles Science-Fiction-Hörspiel auf. TV-Foto: Frank Schmitt

„Fahrenheit 451“ in der Wittlicher Synagoge: Die Schauspieler Guido Thurk, Julia Gutjahr, Vesna Buljevic und Andreas Bühring führen ein eindrucksvolles Science-Fiction-Hörspiel auf. TV-Foto: Frank Schmitt

Wittlich. Woran mag es gelegen haben, dass die szenische Lesung des Veranstalters Kulturamt Wittlich nur so wenige Zuschauer anlockte? Für Erika Herx-Rittel, die mit ihrer Enkelin Rosalie Adams die Lesung besuchte, liegt der Grund darin, dass es "zu viele Parallelveranstaltungen am Samstagabend in der Stadt gegeben hat". Sie findet, dass diese mangelnde Koordination im Fehlen eines Kulturamtsleiters in Wittlich begründet liegt.

In der Tat fanden am Samstagabend mit einer Jazzveranstaltung, einem Musikvereinskonzert, einem Kultur- und Tanzfest und einem ebenfalls vom Kulturamt Wittlich präsentierten Chanson- und Liederabend viele andere kulturelle Leckerbissen gleichzeitig statt.

Vielleicht lag die geringe Resonanz auch am geringen Bekanntheitsgrad des Stückes "Fahrenheit 451" nach einem Buch von Ray Bradbury. Dabei ist dieser Roman ein Meisterwerk im Stil George Orwells "1984" und wurde 1966 sogar von Francois Truffaut verfilmt. "Fahrenheit 451" spielt in einem fiktiven Zukunftsstaat, in dem es als schweres Verbrechen gilt, Bücher zu besitzen und zu lesen. Aufgabe der Feuerwehr ist es, diese Bücher zu verbrennen. Ein Feuerwehrmann beginnt heimlich, Bücher zu lesen, und bricht aus dem Unterdrückungsregime aus.

Den wenigen Zuschauern hat die szenische Lesung gefallen. Der intensive Vortrag der vier Schauspieler, die abwechselnd aus dem Buch lasen oder in verschiedene Rollen schlüpften, wurde immer wieder durch akustische Effekte aufgelockert.

Dieser "lebendige Dialogcharakter" war ein wichtiges Element für den Regisseur Kristoffer Keudel. Den geringen Zuschauerzuspruch bedauerte er zwar, meinte aber: "Diejenigen, die da waren, waren dran am Thema." Für Keudel hatte es einen besonderen Reiz, sein Live-Hörspiel in einer Synagoge aufzuführen. Im Dritten Reich brannten ebenfalls Bücher, aber auch Synagogen: "Beides zeigt ein Fehlen von Toleranz." fsc

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