Alte Technik liegt im Trend

KLEINICH. Seit 15 Jahren arbeiten Andreas Gräf und seine Gattin Sabine konsequent in Lehmbauweise. "Bauen für die Seele" nennen sie das – und das sowohl für die Seele des Hauses als auch für die seiner Bewohner.

Lehm schluckt Elektrosmog, wirkt wärme- und feuchtigkeitsregulierend, nimmt Schadstoffe auf und enthält keinerlei gesundheitsschädliche Partikel. Außerdem kann selbst der Laie bröckelnde Stellen im Handumdrehen nachbessern. Teurer als herkömmliche ist dieser rein mineralische, nicht brennbare Baustoff auch nicht. Andreas Gräf, im ersten Beruf Werkzeugmacher, sattelte mit Mitte 20 um und spezialisierte sich auf den Lehmbau. Inzwischen ist er auch staatlich anerkannter Fachberater für ökologisches Bauen und Wohnen. Die Zeiten, in denen er mit seiner ganzheitlichen Sicht auf das Leben nicht ernst genommen wurde, neigen sich allmählich dem Ende zu. Im Zuge explodierender "Wohlstandskrankheiten" werden seine Dienste immer begehrter. "Ich weiß, dass die Menschen sich in Lehmwänden wohl fühlen und eher gesund bleiben als anderswo", sagt Andreas Gräf, der gemeinsam mit Gattin Sabine einen Fachbetrieb in Kirchspiel Kleinich, Ortsteil Götzeroth, betreibt. Auch sie sei eine hervorragende Lehmbaumeisterin, bescheinigt er seiner Frau, und selbstverständlich lebt die Familie selbst in einem absolut giftfreien, 300 Jahre alten Bauernhaus. Die Gräf'schen Aufträge reichen, je nach Kundenwunsch, von historischer Altbausanierung, überwiegend im Innenbereich, über moderne Lehmbautechnik bis zum Handel mit sämtlichen, im Lehmbau benötigten Materialien. Fachwerk-, Bruchstein, aber auch moderne Ytong-Häuser können mit seiner Hilfe restauriert werden. Wesentlicher Teil der Arbeit von Andreas Gräf bleibt jedoch die Kundenberatung. Sie beginnt in der Planungsphase, wobei er häufig mit Architekten aus anderen Regionen zusammenarbeitet - durch die Mitgliedschaft im Dachverband Lehmbau steht ein tragfähiges Netzwerk - und wird während der gesamten Bauphase fortgeführt. "Betreuung am eigenen Objekt" nennt er das: "Der Bauherr kann an seinem Projekt sehr viel Eigenleistung erbringen." Das verbilligt Bau und Umbau erheblich. Traditionelles und Neues in Harmonie

Ein Vorzeigeprojekt, dessen Renovierung sich über viele Jahre erstreckte, ist das Haus von Hedwig und Erwin Lobüscher aus Niederemmel. Endlich nähert sich "die ewige Baustelle" dem Ende, berichten die Hausherren, die ihr Eigenheim Stück für Stück - dem jeweils zur Verfügung stehenden Budget ihrer wachsenden Familie angepasst - ausgebaut hat. Es ist in jeder Hinsicht ein Traum geworden: Konsequent wurden natürliche Baustoffe eingesetzt. Um das angenehme Raumklima zu empfinden, muss man kein Allergiker sein. Gräf hat in diesem Haus, in dem Altes und Neues harmonisch neben- und miteinander existiert, Entscheidendes geleistet - zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber, die, wie Gräf das vorsieht, fleißig mitgedacht, mitgemischt und aufgetragen haben. Der Lehmbau ist so alt wie die Menschheit. Im Zweistromland wurden 6000 Jahre alte Lehmfundamente gefunden. Und auch die chinesische Mauer und manche mittelamerikanische Pyramide bestehen aus Lehm, weiß Gräf. Und: Ab 30 Zentimeter Wanddicke kann man nicht mehr per Handy telefonieren. Was vielen ein Gräuel sein dürfte, lockt die anderen um so mehr. Gräf: "Gerade in der Nacht regeneriert der Körper." Auch öffentliche Aufträge zieht er inzwischen an Land. Die Keltensiedlung in Bundenbach im Kreis Birkenfeld hat er aufgebaut, im luxemburgischen Bertrange entsteht derzeit in Pisétechnik eine Stampflehmwand, und anderswo fragt man für Kindergärten und Schulen nach. Das Angebot von Gräf entspricht offenbar den Anforderungen der Zeit: nachhaltig, frei von Chemikalien, einfach in der Handhabung und leicht auszubessern.

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