Die Schneifel kommt ins Reine - Neue Kläranlage in Bleialf

Bleialf · Die neue Kläranlage in Bleialf wird bald fertig, für 3,9 Millionen Euro. Zwei Jahre lang hat man dabei im laufenden Betrieb die bisherige Einrichtung ersetzt.

 Das sogenannte Belebungsbecken der Kläranlage – rechts im inneren Ring das kleinere Nachklärbecken. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Das sogenannte Belebungsbecken der Kläranlage – rechts im inneren Ring das kleinere Nachklärbecken. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )

Man müsste sich öfter mit der Technik von Kläranlagen befassen. Allein schon wegen der rätselhaften Dinge, die da eingebaut sind: Langsandfang, Voreindicker, Belebungsbecken. Überschussschlammpumpwerk - und, das Gewinnerwort: Rücklaufschlammmessschacht (siehe Info).
Dahinter steckt jede Menge kluger Technik - und der anstehende Abschluss eines Projekts, das 3,87 Millionen Euro gekostet hat: der Neubau der Kläranlage Bleialf.

Die Ur-Anlage stammt aus dem Jahr 1981, sie reinigte nur das Abwasser aus dem Dorf. In den 90ern schloss man das benachbarte Buchet und seine Ortsteile an, dann Oberlascheid und Radscheid, 2004 und 2006 kamen Brandscheid und Großlangenfeld dazu.

Irgendwann stand fest: Die Anlage, vorgesehen für 2200 Einwohner und mit der Zeit technisch veraltet, schafft das alles nicht, wenn man sie nur erweitert. Im Herbst 2015 (der TV berichtete) wurde dann der Neubau begonnen - und zwar im laufenden Betrieb, wie Karl-Heinz Blum, stellvertretender Leiter der Verbandsgemeindewerke, erklärt: Schritt für Schritt sei die bestehende Anlage abgebrochen und ersetzt worden. "Das war die Schwierigkeit", sagt Blum. Ein neues Klärwerk neben das alte zu bauen, ging nicht - die Grundstücke links und rechts waren nicht zu erwerben. Die "Gruppenkläranlage Bleialf" ist ausgelegt auf 3200 - noch so ein Wort - "Einwohnergleichwerte". Das heißt: Man zählt nicht nur die Schneifelbürger, sondern auch die Betriebe in den Dörfern, die Schulen, den Campingplatz Bleialf und andere Einrichtungen - denn sie führen mit ihrem Verbrauch dazu, dass dieser "Gleichwert" über der tatsächlichen Einwohnerzahl liegt.

Billardkugeln, Besteck, Handys, Spielzeugautos - auch das gerate in die Kläranlagen, sagt Helmut Haas, Abwassermeister der Verbandsgemeinde (VG) Prüm. "Alles, was der Durchmesser der Toilette hergibt". Solche Gegenstände werden schon im ersten, mechanischen Schritt aussortiert, bevor der Rest in die biologische und chemische Reinigung fließt.
Im Spätherbst wird der Neubau fertig sein. Das Land fördert mit einem Zuschuss von 554 000 Euro und einem zinslosen Darlehen in Höhe von 1, 663 Millionen. Gerade hat Nico Steinbach, der Eifeler SPD-Landtagsabgeordnete, mitgeteilt, dass die letzte Tranche, 149 000 Euro, zugewiesen wurde.

Herausforderung Abwasser: Die Verbandsgemeinde (VG) Prüm, mit knapp 22 000 Einwohnern in 43 Dörfern und der Abteistadt, ist eine der flächengrößten Kommunen im Land (465 Quadratkilometer). Alle Bürger an ein funktionierendes Netz zu bringen, war eine teure Aufgabe: Seit 1975, damals noch unter Vincenz Hansen, Aloysius Söhngens Vorgänger als VG-Bürgermeister, sind mehr als 90 Millionen Euro ausgegeben worden. Die VG hat damit einen Anschlussgrad von nahezu 100 Prozent.

Damit hört aber die Arbeit nicht auf: Künftig konzentriere man sich darauf, sagt Söhngen, "das bestehende Kanalnetz in Ordnung zu halten und zu sanieren sowie die Kläranlagen auf dem neusten Stand zu halten". Das gelte auch für neue Anforderungen an die Technik - "um unser Grundwasser zu schützen". Denn es landen, unter anderem, immer mehr Medikamentenreste im Wasser.

Die Anlage verbraucht nur 30 Kilowattstunden Strom pro Einwohner und Jahr, üblich sind bis zu 70. Und sie ist ein richtiges Eifel-Projekt: Die Planung und Bauleitung macht das Büro Plan Lenz aus Winterspelt, die Technik kommt im Wesentlichen von Zahnen in Arzfeld, Beton- und Erdarbeiten übernahm Backes-Bau aus Stadtkyll. Das Gründach auf den Gebäuden lieferte die Firma Peiffer aus Bleialf, ein Holztor kommt von der Firma Hermes aus Lichtenborn.KommentarMeinung

Unsichtbar
Wegspülen und Deckel zu: Wir sehen meist nicht, was dann passiert. Und wollen es auch lieber nicht. Sind aber froh, dass da was passiert. Ein Abwassernetz ist so faszinierend wie geruchsintensiv. Und die neue Anlage in Bleialf so teuer wie der neue Hahnplatz in Prüm. Nicht so prominent, nicht so schön, aber genau so wichtig. f.linden@volksfreund.deExtra: SO LÄUFT ES IN DER ANLAGE


Karl-Heinz Blum, stellvertretender Leiter der VG-Werke, hat uns beim Verstehen der Begriffe geholfen - und erklärt, wie alles in der Anlage abläuft: Erste Station des Abwassers ist die Rechenanlage. Darin halten parallel angebrachte Stäbe den groben Schmutz zurück. Das Wasser fließt weiter in den Langsandfang (wegen der länglichen Form. Es gibt sie auch in rund), der genau das tut: Er fängt Sand auf, der bei Regen von Dächern, Höfen und Straßen mit Oberflächenwasser zur Kläranlage geleitet wird. Der Sand sinkt im Fang zu Boden und wird dann entfernt. Das Abwasser fließt weiter ins Kombibecken: Im äußeren Ring, dem Belebungsbecken, läuft die biologische Reinigung ab, bei der Bakterien die organischen Verschmutzungen fressen. Im inneren Teil, dem Nachklärbecken, wird das gereinigte Abwasser vom Schlamm mit den Kleinstlebewesen getrennt. Das saubere Wasser fließt dann in den nahen Alfbach. Ein Teil des Schlamms wird in einem Rücklaufschlammpumpwerk zurück in das Belebungsbecken gepumpt, wo sich die Bakterien wieder an ihre zersetzende Arbeit machen. Der Rest wird in einen Voreindicker gefördert, der ihm Wasser entzieht: Der Schlamm "verdickt". Seine Menge wird in einem Rücklaufschlammmessschacht reguliert. Das Überschussschlammpumpwerk fördert den im Voreindicker teilentwässerten Schlamm in die Silos. Dort setzt sich weiteres Wasser oben ab und geht in die Anlage zurück. Der teilentwässerte Schlamm wird derzeit oft noch als Dünger auf Ackerflächen gesprüht. Noch.

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