Einfach zu gut

TRIER. Mit dem Wintersemester 2006/2007 nimmt dieser Tage der zehnte Jahrgang von Nachwuchs-Medienwissenschaftlern das Studium an der Uni Trier auf. Der Studiengang, einer der jüngsten an der Tarforster Hochschule, ist höchst erfolgreich – macht sich aber trotzdem Sorgen um seine Zukunft.

Das Gerät, auf das Professor Hans-Jürgen Bucher sichtlich stolz ist, sieht für einen Laien aus wie ein Requisit aus einer Low-Budget-Science-Fiction-Serie der 70er-Jahre. Ein Fahrradhelm mit Sichtblende, angeschraubtem Vergrößerungsglas und allerlei Kabeln, die zu einem Computer führen. Der Eindruck täuscht. Im schmucklosen Labor der Medienwissenschaften wird High-Tech-Forschung betrieben. Der "Fahrradhelm" beispielsweise erlaubt es, detailliert festzuhalten, wie ein Betrachter eine Internet-Homepage oder eine Zeitungsseite erfasst. Wo schaut er zuerst hin, wie lange verweilt er an welcher Stelle, wo blickt er irritiert hin und her: Alles erfasst der Computer in aussagekräftigen "Hitzediagrammen". Die Technik ermöglicht sogar, den Probanden selbst zu seinem Vorgehen Stellung nehmen zu lassen und das Statement gleich mit in das statistische Ergebnis einzumontieren.Giganten bei der Drittmittel-Einwerbung

Große Firmen lassen hier ihren Internet-Auftritt checken, renommierte Zeitungen probieren aus, wie ihre Leser auf mögliche Format-Änderungen reagieren könnten. Gemessen an ihrer Größe, sind die Trierer Medienwissenschaftler Giganten, was die Einwerbung von Drittmitteln angeht. 168 000 Euro pro Jahr und Professor hat man in den letzten Jahren durchschnittlich hereingeholt, "der Spitzenwert an der Uni", wie Hans-Jürgen Bucher mit Blick auf die offizielle Hochschulstatistik betont. Allerdings gibt es auch nur zwei Professoren in dem kleinen Fach. Dass die Medienwissenschaften kein Mammut-Studiengang in Trier werden würden, war schon klar, als 1997 der erste "richtige" Studentenjahrgang sein Studium aufnahm. Es war schwierig genug, in Zeiten knapper Mittel überhaupt ein neues, zukunftsträchtiges Fach in Trier zu etablieren - die Nikolaus-Koch-Stiftung machte es durch eine Anlauf-Finanzierung von Buchers Gründungs-Professur möglich. Die Nachfrage war von Anfang an riesig, doch von hunderten Bewerbern wurden im Jahr Eins nur 20 Haupt- und 20 Nebenfachstudenten zugelassen. Den 40 Neu-Studis standen ein Professor und ein wissenschaftlicher Mitarbeiter gegenüber. Dennoch entfaltete das Fach eine Fülle von Aktivitäten, nicht nur intern, sondern auch im Rahmen der gesamten Hochschule und im Umfeld einer breiten Öffentlichkeit. Vor allem die ausgeprägte Praxisnähe erwies sich als positives Profil-Element. "Die Erwartungen an das Fach sind voll erfüllt worden", lobt Uni-Präsident Peter Schwenkmezger. Nur das sympathische Betreuungsverhältnis zwischen Lehrenden und Studenten hat sich im Laufe des letzten Jahrzehnts drastisch verändert. Die Anzahl des wissenschaftlichen Personals hat sich knapp verdreifacht, nachdem mit Martin Loiperdinger 1998 ein zweiter Professor samt Mitarbeitern nach Trier kam. Die Zahl der Studenten aber hat sich annähernd verzehnfacht. Beim "Betreuungskoeffizienten" liegen die Medienwissenschaftler deutlich unterm Uni-Schnitt, und das bei einem Fach, dessen Studierende schwerlich mit aufwandsarmen Groß-Vorlesungen beschult werden können. Zumal aus Kostengründen auch die Tutorien abgeschafft wurden, die die Studenten vor allem in die Handhabung der Computer-Technik einführten. Professor Bucher fürchtet, "das Mindest-Lehrangebot nicht mehr sicherstellen zu können". Der zuständige Fachbereich habe mit Lehraufträgen geholfen, aber das sei "keine dauerhafte Lösung", sagt der 52-jährige Wissenschaftler mit dem Entschlossenheit ausstrahlenden Michael-Schumacher-Kinn. Vor allem sind die Medienwissenschaftler frustriert, dass der Uni-Präsident kürzlich eine wissenschaftliche Nachwuchsstelle in ihrem Fach gekappt hat. Schwenkmezger hingegen mahnt Bescheidenheit an: Die Personalsituation sei "wie in anderen Fächern nicht günstig, aber auch nicht dramatisch". Von einer Nicht-Sicherstellung des Mindest-Lehrangebots könne "keine Rede sein". Zudem sei "beabsichtigt", die gestrichene Stelle dem Fach "wieder zuzuordnen". Eine Ankündigung, die freilich kaum für Beruhigung sorgen dürfte: Wann nämlich konkret mit der Stelle zu rechnen sei, vermag der Präsident "derzeit nicht zu sagen". Und falls überhaupt irgendwann eine Stelle vorhanden sei, müssten auch "die Prioritätensetzungen der gesamten Universität berücksichtigt werden".