Hohe Kosten, kein Ertrag: Einführung der Doppik hat nichts gebracht

Mainz · In den Kassen der Städte und Gemeinden klaffen immer größere Löcher. Wie der neueste Kommunalbericht des Landesrechnungshofes aufzeigt, stehen die Kommunen mit insgesamt 10,7 Milliarden Euro - oder umgerechnet jeder Rheinland-Pfälzer mit 2628 Euro - in der Kreide. Eine Maßnahme gegen den "ungebremsten Schuldenanstieg" fruchtet offenbar nicht: "Viel gekostet, wenig gebracht", urteilen die Prüfer über die Einführung der Doppik.

Mainz. Alle Jahre wieder kommen das Christkind und die frohe Botschaft - und einige Monate zuvor der Landesrechnungshof und eine finstere Botschaft: Finanziell steht den Städten und Gemeinden in Rheinland-Pfalz das Wasser bis zum Hals. Seit 1990 ist es nicht mehr gelungen, Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen zu gestalten. Das Defizit wächst und wächst, allein um 700 Millionen Euro im vergangenen Jahr.
Finanztechnisch wird bei den Schulden unterschieden: Es gibt einerseits die Kassen- oder Liquiditätskredite, die der Überbrückung kurzfristiger Engpässe dienen. Sie sind mit Überziehungen des Girokontos bei Verbrauchern vergleichbar. Andere Kredite werden aufgenommen, um langfristige Investitionen zu finanzieren. Gefährlich wird es dann, wenn wie in Rheinland-Pfalz die Kassenkredite auf 5,4 Milliarden Euro klettern und damit erstmals die Höhe der Investitionskredite von 5,1 Milliarden Euro übersteigen. Hier zeigt sich nämlich, dass nur notdürftig Löcher gestopft werden.
Entlastungen sind laut Rechnungshof in Sicht, wenn der Bund wie angekündigt die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt. Dann sparen die Kommunen in Rheinland-Pfalz jährlich rund 150 Millionen Euro. Auch der Entschuldungsfonds, den das Land plant, wird bis 2026 die Kassenkredite um 3,1 Milliarden Euro verringern. Sinnvoll sei der Fonds allerdings nur, wenn die Kommunen nicht gleichzeitig neue Schulden machten, wonach es aussieht. Schließlich winken noch Steuermehreinnahmen durch die gute Konjunktur.
Die unabhängigen Prüfer resümieren: Alle bisherigen Maßnahmen reichen nicht. Nur durch eine rasche und nachhaltige Konsolidierung der Haushalte könne der drohende Verlust der Handlungsspielräume vermieden werden. Die Kommunen müssten ihre Organisation und ihre Verwaltungsabläufe wirtschaftlicher gestalten, indem sie etwa von teuren Bauten mit hohen Betriebskosten Abstand nehmen und ihre steuerlichen Möglichkeiten stärker ausreizen. Rheinland-Pfalz habe im Vergleich zu anderen Bundesländern recht niedrige Hebesätze bei Gewerbesteuern.
Ein vernichtendes Urteil fällt die Behörde mit Hauptsitz in Speyer über die Einführung der doppelten Buchführung, kurz Doppik (siehe Extra), die seit 2009 für alle Städte und Gemeinden im Land verbindlich ist. Ziel der Doppik war eine vollständige Information über die finanziellen und sachlichen Ressourcen einer Kommune als Grundlage für ein wirtschaftlicheres Verhalten. Ergebnis: "Ein Nutzen des neuen Rechnungswesens ist noch nicht feststellbar." Und das, obwohl die Umstellung laut Rechnungshof rund 140 Millionen Euro gekostet hat und weitere 14 Millionen jährlich verschlingt. Dass laut einer vom Rechnungshof in Auftrag gegebenen Umfrage fast die Hälfte aller Behördenleiter und Kämmerer den Nutzen der Doppik als sehr oder eher gering bezeichnet, verwundert angesichts dessen wohl eher nicht.
Die Hauptursache für die ausbleibende Wirkung sieht der Rechnungshof darin, dass die neuen Steuerungsinstrumente nur ansatzweise genutzt würden. Die Informationen der Verwaltungen seien zu detailliert, dadurch fehle es an Transparenz. Ratsmitglieder müssten die Informationen jedoch sehr viel stärker als Basis für ihre politischen Entscheidungen verwenden.

Extra

Doppik ist ein Kunstwort, das den Begriff doppelte Buchführung in Konten abkürzt. In Rheinland-Pfalz wurde 2007 die kameralistische Haushaltsführung durch ein Rechnungswesen nach den Regeln der doppelten Buchführung ersetzt. An die Stelle der Veranschlagung von Einnahmen und Ausgaben in Verwaltungs- und Vermögenshaushalt trat ein System der Buchung von Erträgen und Aufwendungen in Ergebnishaushalt und Ergebnisrechnung, des Nachweises von Ein- und Auszahlungen einschließlich der Investitionstätigkeit in Finanzhaushalt und Finanzrechnung sowie der Darstellung des kommunalen Vermögens, des Eigenkapitals und der Schulden in der Bilanz. Erwartet wurden durch die Doppik mehr Kostentransparenz, Kostenvorteile und ein effizienteres Arbeiten für die öffentlichen Verwaltungen. fcg Quelle: Wikipedia/Landesrechnungshof

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