Politik als Theater

Trier · Mit einer Mischung aus Bürgerforum und Improvisationstheater hat das Legislative Theater aus Berlin in der Tufa Trier versucht, das sperrige Thema Pflege szenisch zu verpacken und der Politik Handlungsempfehlungen zu geben. Das Publikum erlebte anstatt Basisdemokratie aber eher eine Pädagogik-Einführung.

 Melanie Nebe, Nora Adomeit und Özge Tomruk (von links) stellen drei Versicherungsvertreterinnen dar, die tolle Ideen haben, um mit Altenpflege Kasse zu machen. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Melanie Nebe, Nora Adomeit und Özge Tomruk (von links) stellen drei Versicherungsvertreterinnen dar, die tolle Ideen haben, um mit Altenpflege Kasse zu machen. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. Jens Clausen und Harald Hahn sind zwei Berliner Theatermacher. 2005 gründeten sie dort das Legislative Theater, eine Art Melange aus Bürgerforum und Improvisationstheater. Zu ausgewählten politischen Themen wollen sie Bürger und Politiker zusammenbringen, damit - so stellen sie es selbst dar - Entscheidungsträger im Publikum "die gewonnenen Erkenntnisse mit in ihren politischen Alltag als Gesetzgeber nehmen".
Unter dem griffigen Motto "Wohin mit Oma?" luden die Theatermacher auf Einladung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in die Trierer Tuchfabrik, um über das Thema Altern und Pflege zu sprechen. Und sprechen zu lassen. Rund 100 Trie rer kamen, und wer wollte, wurde flugs mit ins Improvisationstheater eingespannt. Das führte zu Szenen wie dieser: Eine Frau (Silke) pflegt seit Jahren ihre Mutter. Für ein Wochenende bestellt sie ihre Schwester (Barbara) aus Berlin, damit die sich um die Mutter kümmert. Kaum trifft Barbara ein, eröffnet ihr Silke aber, dass sie gedenkt, für zwei Wochen zu verreisen, weil sie mit der Pflege schlicht überfordert ist. Die Folge ist ein übler Streit. So weit die Szene. Die Zuschauer werden dann gefragt, was sie davon halten, und sollen in die Rolle einer der Schwestern schlüpfen, um zu zeigen, wie sie besser reagiert hätten. Was das mit Politik zu tun hat, haben wohl nur die Theatermacher verstanden. Was Politiker wie die anwesende Mainzer Sozialministerin Malu Dreyer (SPD) daraus für ihre Arbeit mitnehmen sollen wohl auch. Schließlich braucht ein Regierungsmitglied kein Improvisationstheater, um über die Sorgen der Bürger Bescheid zu wissen.
Zwar regen die Schauspieler durchaus interessante Diskussionen an und bringen viele Zuschauer dazu, von ihren eigenen Erfahrungen mit dem Thema Pflege zu berichten. Doch wird die Veranstaltung den Charme eines Pädagogik-Seminars einfach nicht los.
So vergehen zwei Stunden, die zumindest von einigen durchaus klugen Beiträgen getragen werden. Was aber übrig bleibt, ist ein ziemlich diffuses Geblubber aus Befindlichkeiten und Pflege-Fachjargon. Erhellt wurde der Abend zumindest durch die Intervention der Moderatoren, Dreyer auf den jüngsten Vorstoß des Bundesgesundheitsministers Daniel Bahr (FDP), eine Pflege-Zusatzversicherung einzuführen, anzusprechen. Einem solchen Modell erteilte Dreyer eine Absage und plädierte abermals dafür, die private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammenzulegen.

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