Schlachtplatte mit Biss

Trier · Eine mit hintergründigem, scharfem, skurrilen und trockenem Humor gewürzte "Schlachtplatte" haben die Kölner Kabarettisten Robert Griess, Jens Neutag, Wolfgang Nitschke und Achim Konejung in der Tufa Trier aufgetischt. Dahinter verbarg sich ein ebenso gnadenloser wie amüsanter Rückblick aufs vergangene Jahr. Rund 100 Zuschauer amüsierten sich prächtig.

 Unerhörte Liebe über Grenzen hinweg: Robert Griess (links) schmachtet als Präsident Sarkozy Kanzlerin Merkel (Jens Neutag) an. TV-Foto: Anke Emmerling

Unerhörte Liebe über Grenzen hinweg: Robert Griess (links) schmachtet als Präsident Sarkozy Kanzlerin Merkel (Jens Neutag) an. TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Unheimlich maskierte Gestalten in Kutten nähern sich durch die in düsteres Licht getauchten Nebelschwaden auf der Bühne. Es sind die Vorboten des für Ende 2012 prognostizierten Weltuntergangs. Bald fallen die Masken des Mummenschanzes jedoch, und die dahinter erscheinenden vier Herren machen im Klartext deutlich, dass der Untergang schon längst begonnen hat.
Als Beweis rekapitulieren sie apokalyptische Ereignisse aus dem vergangenen Jahr: "Da kämpfen die Ägypter wochenlang für eine bessere Welt, und dann kommt - Guido Westerwelle." Auch, dass im Euro-Zirkus die letzte Vorstellung mit dramatischem Drahtseilakt läuft, wird angesprochen.
Tagebuch der dicksten Dinger


Und das gibt Stoff für viele folgende boshafte Kabinettstückchen, Parodien, Sketche und Lieder, die politisches Personal sowie die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Befindlichkeiten Deutschlands und der Euroländer genüsslich sezieren und karikieren.
Da tanzen Robert Griess, Wolfgang Nitschke und Jens Neutag als Reporter aus den EU-Krisenländern einen von Achim Konejung stotternd und mit Aussetzern am Klavier gespielten Sirtaki. Kurz darauf schmachtet Griess als Präsident Sarkozy Kanzlerin Angela Merkel (Neutag) zur Melodie von "Je t\'aime" an, um die Antwort "Moi non plus" (ich dich nicht mehr) zu erhalten.
Achim Konejung und Jens Neutag beschweren sich als Piraten bitterlich, dass ihr guter Name von einer Partei aus pickeligen Nerds missbraucht wird. Robert Griess schlüpft in die Rolle eines Kölner Proleten, der die Reichen als die wirklichen "Assis" entlarvt. Und Jens Neutag wirft als wieder auferstandener Che Guevara einen erhellenden Blick auf die Wirtschaftskrise: "Du stehe in los Kreidos".
Nicht nur die originellen Einfälle und präzisen Treffer mitten ins Mark des Wahnsinns unserer Zeit sorgen für Lachsalven. Es ist auch die gute Ergänzung verschiedener Arten von Humor. Griess und Neutag glänzen besonders mit lebhaften Parodien und Gags, Konejung mit musikalisch verpackter Ironie und Wolfgang Nitschke mit hintergründiger Trockenheit.
Bevor er scheinbar bierernst aus seinem Tagebuch der "dicksten Dinger aus 2011" liest und dabei Zeitungsmeldungen wie "Vatikan distanziert sich von Berlusconi wegen Sex mit kleinen Mädchen" und "Berlusconi distanziert sich vom Vatikan" für sich sprechen lässt, stellt er ein Bild des Bundespräsidenten auf. Einziger Kommentar: "Wenn er Sie blendet, müssen Sie es sagen." Das Publikum aber ist an diesem Abend allenfalls geblendet von den eigenen Lachtränen. ae

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