Zeitenwende

Energiewende - eines der meist gebrauchten Schlagworte der letzten Wochen in Deutschland. Beschworen wird der Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Atomenergie angesichts der Reaktorkatastrophe in Japan.

Noch vor einem halben Jahr galten den Verantwortlichen die deutschen Atomkraftwerke als absolut sicher, so dass deren Laufzeit deutlich verlängert wurde. Jetzt scheint alles anders. Natürlich ist es zu begrüßen, wenn aktuelle Entwicklungen oder neue Erkenntnisse politische Konsequenzen nach sich ziehen. Eine solch schnelle Wende hat für mich allerdings einen seltsamen Beigeschmack.

Viele Menschen in unserem Land fordern seit Jahren einen verantwortlicheren Umgang mit den natürlichen Ressourcen unserer Erde, die Kirchen sprechen von der Bewahrung der Schöpfung. Sie wurden bislang wenig gehört - gerade im Blick auf Kernkraftwerke. Nach mehr als 30 Jahren Nutzung von Atomenergie gibt es beim Problem der Endlagerung der radioaktiven Abfälle mehr Fragen als Antworten. Die Erforschung von Alternativen kommt nur langsam voran und es gibt Irrwege, wenn Lebensmittelerzeugung zugunsten der Erzeugung von Biokraftstoff zurückgedrängt wird. So stellt sich mir die Frage, was die schnelle Wende bedeutet. Der Blick in die Geschichte zeigt mehr Wendehälse als wahre Gesinnungsänderungen.

Wenn morgen, am Palmsonntag, daran erinnert wird, wie Jesus unter dem Jubel der Menge in Jerusalem einzog, so richtet sich der Blick auch schon auf die radikale Wende der Massen damals. Nur wenige Tage lagen zwischen "Hosianna" und "ans Kreuz mit ihm".

In der Frage der Bewahrung der Schöpfung allerdings hoffe ich auf eine echte Wende zum Besseren, zu mehr Verantwortung für das, was wir nachfolgenden Generationen hinterlassen.

Ingrid Müller, Pastoralreferentin in Trier

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