Wenn Traum vom eigenen Haus zum Alptraum wird

Trier · Wer keine Ahnung vom Hausbau hat und trotzdem ein neues Heim will, der lässt bauen. Doch das kann schiefgehen. Ein Ehepaar aus dem Kreis Trier-Saarburg erinnert sich an seine Erfahrungen mit einem Bauträger.

Trier. "Schlüsselfertiges Bauen beschreibt Baumaßnahmen, die von Baubeginn bis zur Fertigstellung vom Auftragnehmer (Generalunternehmer) ausgeführt werden und anschließend dem Auftraggeber (in der Regel dem Bauherrn) ‚schlüsselfertig\' übergeben werden." So jedenfalls steht es im Internet, wenn man nach "schlüsselfertigem Bauen" sucht.
Der Bauherr gibt einer Firma einen Auftrag; die baut von Anfang bis Ende sein Haus und übergibt ihm an Ende den Schlüssel. So stellte sich das auch ein Ehepaar aus der Region vor, schnell, günstig und vor allem ohne Eigenleistung (weil handwerklich ungeschickt und auch zeitlich nicht dazu in der Lage) in ein Doppelhaus in einem Ort im Kreis Trier-Saarburg zu ziehen.
Auf das Unternehmen seien sie durch eine Anzeige im TV aufmerksam geworden. Es wurden das Baugrundstück und der Bau des Häuschens angeboten. Die Lage in einer ruhigen Seitenstraße des Dorfs habe ihnen gefallen, erinnert sich der Mann. 14 Jahre ist das jetzt her.
Der Traum wurde jedoch fast zum Alptraum. Denn schlüsselfertig Bauen heißt auch, dass das beauftragte Unternehmen vor jedem angeblichen Baufortschritt einen vorher festgelegten Abschlag der vereinbarten Gesamtsumme bekommt. Diese Erfahrung musste das zu dem Zeitpunkt in dieser Hinsicht unerfahrene Ehepaar machen. Direkt nach Vertragsabschluss kam die erste Zahlungsaufforderung, obwohl noch kein Stein bewegt und das Grundstück noch jungfräulich war. Und das blieb auch zunächst so.
Man wolle erst das Nachbargrundstück noch verkaufen, dann lege man los, wurde das Ehepaar vertröstet. Monate nach der Unterschrift unter den Vertrag rückte dann der Bagger auf beiden Grundstücken an. Die Bodenplatten wurden betoniert, der nächste Abschlag war fällig. Dann tat sich lange wieder nichts. Wochen später rückte eine Firma an, um den Keller zu mauern. Und ließ sich dabei viel Zeit, wie sich der Bauherr erinnert. "Irgendwie ging es nicht wirklich vorwärts."
Misstrauisch wurden er und seine Frau bis dahin aber nicht. Sie seien in Sachen Hausbau unerfahren gewesen, dachten, dass sei es alles richtig. Drei Monate nach Baubeginn war der Keller fertig, die Decke kam. Die nächste Zahlung war fällig. Dann stockte es wieder. Plötzlich sei eine andere Maurerfirma aufgetaucht, um das mittlere Geschoss der beiden Doppelhaushälften zu bauen, erinnert sich der Mann. Doch ein wirklicher Baufortschritt sei nicht erkennbar gewesen. Beim Bauträger habe man sie immer wieder vertröstet. Es dauerte wieder zwei Monate, bis das mittlere Geschoss fertig war. Das Ehepaar wurde langsam nervös. Die ersten Zweifel an der Seriosität des Bauträgers waren gekommen.
Eigentlich wollten sie im Herbst einziehen, hatten auch schon ihre Mietwohnung gekündigt. Doch bis September, mehr als ein halbes Jahr nach Baubeginn, war noch nicht mal der Rohbau fertig. "Zusammen mit unseren zukünftigen Nachbarn haben wir dann beim Bauträger Druck gemacht", sagt der Mann. Beide Familien hätten gedroht, keine weiteren Abschläge mehr zu zahlen, bis weitergebaut werde. Das habe kurzzeitig Wirkung gezeigt, trotzdem sei es weiterhin schleppend vorwärtsgegangen. "Das hat schon an den Nerven gezehrt." Er und seine Frau seien irgendwann richtig fertig gewesen, erinnert sich der Bauherr. Ständig habe man mit dem Unternehmen streiten müssen. Im Spätherbst habe der Rohbau tatsächlich gestanden, das Dach sei drauf gewesen, die Fenster drin, die Wände gegipst. Einen Tag, nachdem die Heizkörper installiert worden waren, sei die dafür zuständige Firma gekommen und habe sie wieder ausbauen wollen. Sie hätte vom Bauträger kein Geld bekommen, hat der Heizungsbauer ihnen mitgeteilt. "Wir sind aus allen Wolken gefallen. Schließlich haben wir ja das Geld für den Einbau der Heizung bezahlt", so der damalige Bauherr.
Zu dem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass es ohne Anwalt nicht mehr gehen würde. "Wir wollten so schnell wie möglich aus dem Vertrag." Doch so einfach sei das nicht gewesen. Sie hätten durch die Abschlagszahlungen schon mehr Geld in das noch nicht fertige Haus investiert, als es zu dem Zeitpunkt wert gewesen sei. "Wir hätten viel Geld verloren." Immer wieder werden eklatante Mängel bei dem Bau festgestellt. Einmal fehlte eine Isolierung, dann fehlte eine Verankerung beim Dachgebälk. Das Ehepaar bestand auf die Ausbesserung. Nur durch anwaltlichen Druck ließ sich der Bauträger dazu überreden.
Kurz vor Weihnachten sei dann die Befürchtung Gewissheit geworden: Der Bauträger war pleite. Das Ehepaar konnte den Vertrag kündigen. "Doch damit fingen die Probleme erst an. Wir wollten ja schlüsselfertig bauen, weil wir handwerklich unbegabt sind und keine Ahnung vom Bauen hatten", sagt der heute 46-Jährige. Nun mussten sie Handwerker suchen, Angebote einholen, verhandeln. All das, was eigentlich Aufgabe des Bauträgers war. Das habe viel Zeit und Kraft gekostet. Und Nerven. Gleichzeitig wollte der insolvente Bauträger noch Geld. Die einbehaltenden Abschlagszahlungen. Das Ehepaar machte auf der anderen Seite weitere nachgewiesene Baumängel geltend. "Wir hatten echt Angst, dass wir noch jede Menge Geld bezahlen müssen. Mehr jedenfalls, als veranschlagt war."
Doch sie kamen mit einem blauen Auge davon, mussten nicht noch Geld drauflegen. Ein halbes Jahr später als geplant zoge sie in ihr Haus. "Gott sei Dank hat uns unser damaliger Mieter nicht vorzeitig rausgeschmissen." Der Ärger über das Desaster ist längst verflogen. Vergessen sei die schlimme Zeit aber nicht, sagt der 46-Jährige. wie

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