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24"Glückwunsch zur Beförderung", lächelte Roth, dessen Telefon nicht aufhören wollte zu läuten. "Danke, Herr Kollege Dönerfresser. Meine Frau, meine Kumpels vom Radsportverein, mein Bett, mein Fernseher und mein stellvertretender Bürgermeister werden sich riesig freuen", spottete der neue Soko-Chef.

Faust brauchte nun dringend frische Luft. Im Revier fiel ihm jetzt die Decke auf den Kopf. Kurzerhand setzte er sich in seinen Polizei-Daimler und steuerte ihn den Prümer Fuhrweg hinunter. Roth hielt Stallwache. Faust wollte noch einmal hinaus zu Unfallstelle. Auf dem Weg über Walcherath nach Neuendorf ging Faust noch einmal in erschreckender Deutlichkeit das Ereignis durch den Kopf, das gerade einmal zwei Tage zurücklag und das ihn in diesem Moment von Neuem schüttelte.Zusammen mit Michels und einem Azubi war er am Samstag losgerast, genau um diese Zeit. Er war gerannt wie selten, irgendwie hatte er wohl gespürt, dass etwas ganz Außergewöhnliches passiert sein musste. Als er und seine Kollegen am Ort der Verwüstung eintrafen, war der Notarzt schon in seinem Element gewesen. "Drei Tote haben wir bereits", hatte Nicolic gesagt, während er Evi Fricke, die noch im Autowrack hing, am schlaffen linken Arm einen Zugang legte. "Als Nicolic das sagte, wusste ich sofort, wo ich dran war",nuschelte Faust im Wagen vor sich hin, während er auf der Halben Meile rechts in Richtung Olzheim abbog. "Das war kein normaler Unfall. All die Spuren. Außerdem kann man diese Kurve normalerweise mal locker mit 180 Sachen nehmen, ohne dass was passiert", murmelte Gerhard Faust weiter vor sich hin und stellte fest: "O mein Gott. Jetzt führe ich schon Selbstgespräche."Erst, als er die zwölf Bereitschaftspolizisten sah, die sich am Unfallort mit Metalldetektoren zu schaffen machten, nahm Faust die Realität wieder zur Kenntnis. Genau an der Stelle, an der es zum Crash gekommen war, stieg Kommissar Faust aus. Für die Bereitschaftspolizisten aus Wengerohr, die "Bepos", war es eine ebenso unvermeidbare wie anspruchslose Aufgabe, die Böschung und die Seitenseifen nach irgendwelchen weiteren Spuren abzusuchen."Habt ihr was gefunden?", fragte Faust den Gruppenführer, der gerade ein Metallteil zwischen Daumen und Zeigefinger drehte. "Ja, schon. Wir haben bereits eine ganze Tüte voll. Wir wissen nur nicht, um welche Teile es sich handelt," erwiderte der Bepo-Chef. "Und was ist das?", wollte Faust wissen und zeigte auf das Metallstück, das der Polizeibeamte die ganze Zeit in den Fingern drehte. "Ein für mich undefinierbares Karosserieteil. Da müssen wirklich Spezialisten ran."Faust schwieg einen Moment. Es war einer jener ganz wenigen Augenblicke, in denen an dieser Stelle überhaupt kein Auto fuhr. Er betrachtete die blutjungen Polizisten, die brav ihre Arbeit verrichteten, und dachte, dass sie kaum älter waren als die beiden jungen Männer, die vorgestern genau um diese Zeit hier an dieser Stelle von der einen auf die andere Sekunde ihr Leben gelassen hatten."Ihr Magen knurrt", sagte in die Stille hinein der Bepo-Mann neben Faust, der ihn die ganze Zeit über beobachtet hatte. "Ja", antwortete Faust, ohne weiter auf den Hinweis seines Kollegen einzugehen. "Korrekt, senden sie alle Teile zum BKA. Alle. Wirklich alle."Als sich Kathi das Schweigen des Anrufbeantworters angehört hatte, streifte sie ihre Stiefel ab und trottete zur Küche. Sie wohnte immer noch in der Eigentumswohnung, die sie vor rund einem Jahr gekauft hatte und nun eigentlich wieder loswerden wollte. Es war ihr zu viel Rummel in City-Nähe; ein eigenes Haus am Rande der Stadt wäre inzwischen bequemer und angemessener, vor allem deshalb, weil sie sich beim Verlassen dieses Hauses kaum noch unerkannt bewegen konnte. Tim und Pete hatten ihr schon seit einer Weile dazu geraten, sich einen Leibwächter anzuschaffen, doch Kathi zögerte immer noch. "Ich habe keine Lust, auf Schritt und Tritt von Typen begleitet zu werden, die einen womöglich noch bis aufs Klo verfolgen", argumentierte sie immer wieder. Es war inzwischen eher selten, dass Running Snail noch Zeit und Muße fand, sich die Zeitungen vom Tage anzusehen. Früher hatte sie immerhin regelmäßig im Feuilleton der Zeit gelesen. Fortsetzung folgt.Der Roman "Fluchtwunden" ist in allen TV-Pressecentern für 9,50 Euro erhältlich.

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