"Er war eben ein Papst"

TRIER. Für die polnische Jugend ist er so was wie ein Popstar. Doch in hiesigen Gefilden hält sich die Begeisterung für den verstorbenen Papst Johannes Paul II. in Grenzen. Von überschwänglicher Euphorie kann nicht die Rede sein.

Es waren beeindruckende Bilder, die um die Welt gingen. Riesige Menschenmassen versammelten sich in den letzten Tagen des Papstes Johannes Paul II. auf dem Petersplatz und in polnischen Städten zum kollektiven Gebet und etlichen Andachten - unter ihnen eine große Schar Jugendlicher. Sie besuchten Totenmessen und beteten stundenlang den Rosenkranz. In Krakau wurden sogar per SMS und E-Mail etwa 150 000 Menschen zu Schweigemärschen zusammengerufen. Und wohl auch jetzt, fast zwei Wochen nach dem Tod des Papstes, ist die Begeisterung FÜR Karol Wojtyla noch so groß, dass die Zeitschrift Der Spiegel von einer "Papst-Euphorie der Jugend" spricht. Doch ist diese Euphorie auch in der hiesigen Jugend zu finden? Im Bitburger Haus der Jugend möchte man weniger von einer Hochstimmung denn von Interesse sprechen: "Der Papst ist schon ein Gesprächsthema. Aber inzwischen fragen wir uns natürlich auch, wer der Nachfolger wird - gerade mit Blick auf den Weltjugendtag im August", sagt Silke Schneiders. Und auch Diözesan-Jugendpfarrer Ralf-Pius Krämer meint: "Unter den Jugendlichen herrscht eine ehrfürchtig-bewundernde Stimmung, weniger eine Euphorie. Das hängt aber wohl auch mit der schon seit Jahren bestehenden deutschen Zurückhaltung gegenüber dem Papst zusammen." Ein noch nüchterneres Bild erhält man, wenn man die Jugendlichen aus der Region direkt befragt. So sagt eine 16-jährige Gymnasialschülerin über Johannes Paul II.: "Er war nun mal ein Papst, der 84 Jahre alt war. Und dann ist er gestorben wie jeder andere auch." Diesem Desinteresse gegenüber dem Pontifex stellen sich jedoch viele Schüler entgegen, die meinen, der Papst sei ein besonderer Mensch gewesen. "Er hat viel für die Jugend getan und in der Politik bewegt", heißt es mancherorts. Fragt man weiter nach konkreten Beispielen oder persönlichen Besonderheiten Wojtylas, erhält man nur noch ein Achselzucken zur Antwort. "Wir haben das noch nicht im Religionsunterricht besprochen", reden sich einige Pennäler heraus. Und auch die Begeisterung über den anstehenden Weltjugendtag mit dem Besuch des neuen Papstes in der Nähe von Köln hält sich in Grenzen. "Vielleicht fahren wir spontan dahin", spekuliert eine 17-Jährige, während ihre Freundin ergänzt: "Oder auch nicht." Offenbar liegt der Grund für das weitgehende Desinteresse am Papst wohl weniger in der Person des Amtsinhabers selber als eher in der Funktion. Es bleibt abzuwarten, wer der Nachfolger wird und inwieweit er es schafft, die Jugend zu begeistern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort